Gesetz und Gnade

 

Moses war der Mann des Gesetzes, Abraham war der Mann des Glaubens. Abraham hatte es nicht mit Werken zu tun, sondern mit Verheißungen 1.Mos 12-3; 1.Mos 12, 7; 1.Mos 13, 14-17; 1.Mos 15, 18-21

Vor Abraham steht nicht wie vor Mose der fordernde Gott:

"Du sollst", sondern der verheißende Gott: "Ich will".

Von Abraham erwartet Gott auch Gehorsam, aber Glaubensgehorsam, der sich auf Gottes Zusagen stützt, und nicht Gesetzesgehorsam, der sich auf die eigene Kraft, auf das eigene Vermögen stützt.

Mose:Gesetzeshaushaltung:

1. Der Mensch muß Gottes Forderung erfüllen.

2. Tut das der Mensch, dann schenkt Gott sein Heil, sonst das Gericht.

Abraham: Gemeindehaushaltung:

1. Gott verheißt und schenkt bedingungslos seine Gemeinschaft und seinen Segen.

2. Jetzt erst wird Glaubensgehorsam verlangt.

Das Gesetz war lediglich eine Einschaltung zwischen die Glaubenshaushaltung mit Abraham und der Glaubenshaushaltung der Gemeinde (Röm 5, 20; Gal 3, 17.19.23). Während Gott also mit Moses einen zweiseitigen Bund schloß, war Gottes Bund mit Abraham ein einseitiger Bund und daher auch nur von Gott aus kündbar und nicht vom Menschen. Es ist ein Bund, an dem auch menschliche Untreue nichts zu ändern vermag.

Würden sich die ersten und frühesten Verheißungen eines irdischen Friedensreiches auf dem Boden des Gesetzes befinden, dann stünden sie auf einem äußerst schwankenden, ungewissen Fundament. Dann hinge es letztendlich vom Tun des Menschen ab, genauer: vom Gehorsam oder Ungehorsam Israels, wann und ob sich diese Verheißungen noch einmal erfüllen.

Nun aber findet sich die älteste Verheißung eines Friedensreiches bereits bei Abraham. Gott hat ihm ohne Bedingung zugesagt, daß seine Nachkommen das Land Palästina vom Nil bis zum Euphrat besitzen werden. 1.Mos 22, 17-18 und 1.Mos 12, 3. Die Grundlage eines Friedens-reiches ist also das souveräne göttliche "Ich will". Wurden aber die Verheißungen Gottes an Abraham nicht schon unter Josua erfüllt? Hier geschah es schon teilweise, nicht aber im Vollumfang. In 1.Mos 13, 15 heißt es auf ewig. Weshalb ließ Gott überhaupt auf den Abraham den Gesetzesbund unter Mose folgen? War diese Einschaltung des Gesetzes notwendig? Paulus erklärt es so:

Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde, das Gesetz ist der Zuchtmeister zu Christus hin (Röm 3, 20 und Gal 3, 24).

Hätte Israel alle Segnungen ohne Gesetzeserziehung bekommen, so hätte es diese wohl seiner eigenen Frömmigkeit und seiner eigenen Kraft zugeschrieben. Es hätte keine Sündenerkenntnis (Schulderkenntnis) gehabt. Damit hätte es aber auch keine Sündenvergebung (Schuldvergebung), Reinigung und Heiligung erlangen können, denn diese haben ja Sündenerkenntnis als Voraussetzung.

Erst wer an sich selbst zerbrochen ist, seine eigene Unfähigkeit zu allem Göttlichen und Guten erkannt hat, weiß mit dem gekreuzigten Christus etwas anzufangen, kann Vergebung und Reinigung und Heiligung erlangen.

Und von Anfang an war es ja Gottes Plan, seinen Sohn nicht nur als König zu Israel zu senden, sondern auch als Lamm, das der Welt Sünde (Erbschuld) trägt, ja sogar zuerst als Opferlamm. Damit Israel seinen Messias einmal nicht nur als den König, sondern auch von seiner eigenen Sündhaftigkeit überzeugt, als das Lamm anerkennen und annehmen würde, war die Gesetzes-erziehung notwendig.

Nun haben sich ja unbestreitbar die Verheißungen an Abraham und an Mose in den folgenden Jahrhunderten - von der Landnahme unter Josua bis in die Königszeit zu Salomo zu erfüllen begonnen.

Was bis unter Josua, David und Salomo an Erfüllung göttlicher Verheißung erlebt und erfahren wurde, war der Beginn, ein Anbruch, eine Vorschattung des Verheißenen.

In den ungeschmälerten Besitz aller verheißenen Segnungen kam Israel bis heute nie. Und so steht der Segen von 5.Mose 28 und anderen Stellen im Vollsinn bis heute noch aus.

Im Gegenteil, seit es von den Tagen der Teilung unter Jerobeam und Rehabeam mit dem Volk Israel immer mehr abwärts ging, lernte es mehr und mehr die Fluchseite von 5.Mos 28, 15ff kennen.

Schon Mose hatte mit prophetischem Blick vorausgesehen, daß diese Flüche tatsächlich über sein Volk kommen würden, daß aber in Zukunft ein unter die Nationen zerstreutes Israel zu seinem Gott umkehren und Erbarmen und Wiederherstellung finden würde (5.Mose 30, 1-8).

All diese Weissagungen des Segens und des Fluches und aber auch die Weissagungen der Wiederherstellung können nur richtig verstanden werden, wenn man sich vor Augen hält, daß es eine mehrfache Erfüllung biblischer Prophezeihungen gibt.

So erfüllte sich 5.Mose 28 nach der Segensseite hin anbruchhaft unter Josua, David und Salomo, und auch heute wieder seit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948. Eine Vollerfüllung ist aber erst mit Beginn des Friedensreiches möglich.

Nach der Fluchseite hin erfüllten sich die Vorhersagen in der assyrischen und babylonischen Gefangenschaft, in der Zerstörung Jerusalems 70 n.Ch. und in den nachfolgenden Leiden und Verfolgungen bis in unsere Zeit, und wird sich noch erfüllen in der letzten Drangsal der 70. Jahrwoche Daniels.

Und ebenso kam die in 5.Mose 30 geweissagte Wiederherstellung unter Serubabel zur Zeit Esras und Nehemias in der Rückkehr aus Babylon anbruchhaft zustande, eine weitere Erfüllung erlebten wir 1948 durch die Gründung des Staates Israel. Die Vollerfüllung aber wird erst eintreten, wenn der "König", der verheißene Messias kommt und sein Volk zu sich bekehrt (Sach. 12, 10).

Norbert Burger

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