Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde
1. Die Schöpfung der Welt in sechs Tagewerken (1. Mos 1, 1 -2, 4)
Daß die Tage des mosaischen Schöpfungsberichtes buchstäbliche 24-Stunden-Tage gewesen seien, war die Ansicht fast aller Kirchenväter, ferner der Theologen des Mittelalters. Im 19. Jahrhundert stimmten dieser Ansicht bei: Die im gesamten englischen und amerikanischen Sprachgebiet heute weit verbreitete Scofield Reference Bible von Dr. Scofield; ferner die deutschen Theologieprofessoren Baumgarten und Keil; ebenso in jüngster Zeit Dr.H.Rimmer (1937).
Aus dem Versuch, die biblische Schöpfungsgeschichte mit der Naturerkenntnis zusammen-zuschauen, ist die Auffassung hervorgegangen, das erste Blatt der Bibel berichte weniger die Schöpfung der Erde als vielmehr ihre Neuzubereitung nach den Katastrophen des Falles Satans; das Sechstagewerk sei also vornehmlich eine Wiederherstellung (Restitution).
Prof. Bettex (1919), Prof.Dr.E. Hoppe (1915), Prof.E. Dennert (1911), Prof. Huene (1947), Prof. Rendle (1947), Jakob Kroeker, Generalleutnant vonViebahn, D. Haarbeck, Fried. Heitmüller und andere bekannten sich zu diesem Glauben, daß, als Gott im Anfang Himmel und Erde schuf, alles ohne Störung in Harmonie und Heiligkeit vor sich ging und daß Gott einem gewaltigen Lichtfürsten die Welt zur Verwaltung übergab. Durch dessen Empörung wurde sein ganzes Reich zu Nacht. Der zum Drachen gewordene Himmelsfürst verführte Legionen von Himmelswesen und machte die einst lichte Erde zum finsteren Chaos; sie ward (= wurde!) wüst und leer. In die Lücke zwischen Verse 1 und 2 von 1. Mos 1 gehöre der Fall Satans mit all den Dämonen, die zu ihm gehören. Es bedurfte einer Neuschöpfung, ehe der zum Bilde Gottes erschaffene Mensch zum Herrscher auf der Erde eingesetzt wurde. Als sie geschaffen war (in sechs Tagen!), sah Gott alles an, was Er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut! Auch uns scheint es undenkbar, daß aus der Schöpferhand des Gottes des Lichtes, der Ordnung und der Lebensfülle eine finstere, wüste und leere Erde hervorgegangen sein soll. Jakob Kroeker sagt: "Gott schafft nichts Chaotisches."
In Hiob 38, 4-7 lesen wir: "wo warst du, als ich die Erde baute?...Wer hat ihre Maße bestimmt? Wer hat die Meßschnur über sie ausgespannt . . .wer hat ihren Grundstein gelegt, - während die Morgensterne allesamt laut frohlockten und alle Gottessöhne (Engel) jauchzten".
Wie wäre es denkbar, daß bei der Grundlegung der Erdwelt die Himmelsheere jubelten und voll Anbetung und Bewunderung der Schöpferherrlichkeit Gottes frohlockten und jauchzten, wenn diese Erdschöpfung zunächst Formlosigkeit und Leere, Wüste und Wirrnis gewesen wäre?
Von hier aus allein wird es auch klar, warum der biblische Bericht die Schöpfung von Himmel und Erde nicht zu den Werken der sechs Tage rechnet, sondern sie diesen vorausgehen läßt. Die Erschaffung der Welt 4000 Jahre vor Christi Geburt geht also nicht auf die Urschöpfung des Himmels und der Erde zurück, sondern auf die Neugestaltung der Erde zu einem Wohnplatze der Menschen, wie sie in 1.Mos 1 von Vers 3 an beschrieben wird.
Wir finden tief in den Erdschichten bis herauf an ihre Oberfläche eine erstaunlich reiche, im Zustande der Versteinerung befindliche Pflanzen- und Tierwelt, deren Beschaffenheit so sehr von den jetzigen Arten abweicht, daß man genötigt ist, sie als eine besondere Schöpfung anzusehen. Diese untergegangenen Pflanzen- und Tiergenerationen erwähnt die Heilige Schrift
nicht, weil ihr Zweck nur der war, diejenigen Geschöpfe zu erwähnen, die vom Schöpfer zur Fortpflanzung und Erhaltung, sowie zum Nutzen der Menschen bestimmt waren.
Bei dieser Annahme ist man des Zwangs überhoben, die sechs Schöpfungstage als unbestimmbare, große Zeiträume zu fassen; die Angaben der Geologen schwanken zwischen 15 und 1400 Jahrmillionen, die der Astronomen zwischen 10 und 100 Jahrmillionen!
1.Mos 1, 1 zeigt also die Urschöpfung - da hinein gehören die ungenauen Angaben der Naturwissenschaftler. Verse 3-31 zeigen die Schöpfung, wie sie heute ist - ein Sechstagewerk, von Gott geschaffen in Tagen zu 24 Stunden.
2. Der sogenannte zweite Schöpfungsbericht (1. Mos 2, 4-7)
Es wird behauptet, daß die Reihenfolge der Schöpfungswerke im 1. Kapitel des 1. Buches Mose im Widerspruch stehe zu der Reihenfolge der Schöpfungswerke im 1. Kapitel und daß dadurch die Wahrheit, daß Gott in sechs Tagen die Welt gemacht habe, in sich zusammenbreche. Im Anfang des 2. Kapitels sei ein zweiter Schöpfungsbericht gegeben, der aus einer anderen Quellenschrift stamme und der den Menschen nicht als letztes Glied der Schöpfung bezeichne, sondern seine Erschaffung schon vor die Entstehung des Pflanzenreichs setze. Wir bemerken dazu:
a) Der sogenannte zweite Schöpfungsbericht ist überhaupt kein Schöpfungsbericht und will es auch nicht sein.
Das ganze Kapitel spricht weder von der Entstehung von Wasser, Luft und Land, noch von der Schöpfung von Sonne, Mond und Sternen. Er erwähnt vielmehr, außer dem Menschen, nur Sträucher, Pflanzen, Dunst und Regen; von den letzteren wird gesagt, daß sie noch nicht gewachsen waren, weil Gott der HErr noch keinen Regen hatte auf die Erde fallen lassen.
b) Der Sinn des ganzen Abschnittes ist, zur Geschichte des Menschen überzuleiten.
Gott schuf Erde und Himmel. Die Erde steht voran, weil das Wort uns auf die Anfangszustände auf der Erde weisen will nach Erschaffung der Sechstagewerke. Im 1. Kapitel wird uns der Mensch als Krone der Schöpfung vorgestellt. Das 2. Kapitel geht nun näher auf die Erschaffung des Menschen ein, daher das Hinzutreten des Gottesnamens Jahwe zu Elohim (Menge übersetzt: Gott, der HErr). Elohim ist der überweltliche Schöpfergott, der Weltherr. Sein Name kommt im Schöpfungsbericht (1. Mos 1, 1 bis 2, 4) nicht weniger als 35mal, im ganzen Alten Testament über 2500mal vor. Jahwe ist der Gott der Heilsgeschichte, der Erlösungsoffenbarung (kommt im Alten Testament zirka 6000mal vor).
In 1.Mos 1, 11 sprach Gott: Die Erde lasse junges Grün sprossen, samentragende Pflanzen und Bäume (aus Samen!). Nun setzte Gott, der HErr, den Menschen in den Garten Eden, tränkte die ganze Oberfläche des Erdbodens (1.Mos 2, 6), und der Mensch Adam durfte zusehen, wie Sträucher und Bäume und Pflanzen aus dem Erdboden hervorwuchsen (Vers 9).
Wie schon in 1.Mos 1, 12 geschrieben steht: "Die Erde ließ junges Grün hervorgehen." "Ließ hervorgehen" zeigt an, daß sich die Pflanzen aus Samen entwickelten.
3. Das Alter des Menschengeschlechts
"Was das Alter des Menschengeschlechts betrifft", sagt 1919 der Dachgeologe Dr. Stuart, "so kann die Geologie nur sagen, daß der Mensch in der Tat sehr spät erschienen ist." (Dr. Stuart in Gnesis und Geologie, übersetzt von Dr. G. Brude, 1934). - Im Hinblick auf die Steinmesser und Werkzeuge des Urmenschen erklärte Figuier: "Sie können ebenso gut anstatt 50000 Jahre auch 5000 Jahre alt sein." "Mit Sicherheit kann kein Skeletrest aus der Tertiärzeit einem Menschen zugeschrieben werden. Bis auf den heutigen Tag ist kein Skelettfund aus der Tertiärzeit bekannt geworden, der auf die Existenz des Menschen hätte gedeutet werden können" (Prof. Hamann bei Prof. Riem "Natur und Bibel", Hamburg 1911). "Von Ahnen des Menschen wissen wir nichts, trotz allen Suchens und anatomischen Vergleichens" sagt sogar Prof. Oswald Spengler (1931). "Ob der javanische "Affenmensch", der "Neander-Mensch" oder der "Piltdown-Mensch" Glieder eines oder mehrerer untergegangener Geschlechter waren oder Menschen im biblischen Sinn des Wortes, kann niemand sagen" (Stuart). "Seitdem Menschen auftauchen, ist der Mensch so, wie er heute ist" (Spengler). "Der Mensch ist mit einem Male da und keine Wissenschaft kann uns zu einem anderen Ergebnis bringen", sagt 1911 der Anthropologe Prof. Dr. Hamann. O. Spengler erklärt: "Der Mensch und die Menschenhand muß plötzlich entstanden sein im Vergleich mit dem Tempo kosmischer Strömungen, jäh wie ein Blitz, ein Erdbeben, wie alles Entscheidende im Weltgeschehen, epochemachend im höchsten Sinne. Wir müssen uns auch darin von Anschauungen des vorigen Jahrhunderts trennen. Nach der Heiligen Schrift ist Adam ganz unverkennbar der erste Mensch (1.Kor 15, 45) und der Urvater der ganzen Menschheit. Nur darum ist auch durch seinen Fall "durch einen Menschen der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen", das heißt in die Menschheit eingeführt worden (Röm 5, 12), so daß nun "in Adam alle sterben" (1.Kor 15, 22) und nur darum wird hier auch Christus als "der zweite Adam" - als Haupt und Anfänger einer neuen, erlösten Geistesmenschheit gegenübergestellt (1 Kor 15, 47). "Der erste Mensch Adam wurde zu einem lebendigen Seelenwesen, der letzte Adam (Jesus) zu einem lebenschaffenden Geisteswesen" (1. Kor 15, 45). In beiden Fällen handelt es sich um einen organischen Menschheits-Erstling. Prof. Rudolf Virchov, Berlin, erklärt: "in der Vorstellung, daß der Mensch aus einem Tiere hervorging, weiß ich nichts anzufangen, denn tatsächlich sind solche Übergänge nicht da, die doch vorhanden sein müßten, wenn sie wirklich gelebt hätten. Alle Anstrengungen, um die ununterbrochene Fortführung der aufsteigenden Entwicklung vom Tier zum Menschen aufzufinden, sind vereitelt. Es wurde kein "Affenmensch". Das fehlende Glied war eine Schöpfung des Traumes." Die biblische Lehre hält klar fest, daß Adam der erste Mensch war und ursprünglich rein und sündenfrei gewesen ist, bis er durch eigene Schuld aus der Gemeinschaft mit Gott herausfiel und unsagbares Leid auf das von ihm abstammende Menschengeschlecht brachte, und daß Jesus, der zweite Adam, um der Menschen willen sich Seiner Herrlichkeit entäußerte, Knechtsgestalt annahm, ganz in menschliches Wesen einging und in Seiner leiblichen Beschaffenheit als ein Mensch erfunden wurde, sich selbst erniedrigte, gehorsam war und ans Kreuz sich heften ließ, daß Er ins Grab gelegt wurde und von den toten auferstund, gen Himmel fuhr und nun von Gott über die ganze Menschheit zur Gnade und zum Gericht gesetzt ist (Phil 2, 5-11; Eph 1, 20; Joh 5, 27). Die Heilige Schrift gibt für Adam ein Alter von 930 (1. Mos 5, 5), für Noah 950 (1. Mos 9, 20), für Mechusalah 969 Jahre (1. Mos 5, 27) an. Man hat versucht, diese Jahre für Monate zu erklären und sich dabei auf eine Bemerkung des Kirchenvaters Augustinus zu berufen, die Ägypter hätten den Monat Jahr genannt. Aber der biblische Text kann hier unmöglich Monate gemeint haben; denn er berichtet ja im selben Zusammenhang, daß Adam mit 130, Enos mit 90, Kenan mit 70, Henoch mit 65 Jahren Nachkommen gezeugt haben, was unmöglich auf Monate gedeutet werden kann (1. Mos 5). Wir müssen also annehmen, daß Gott das Lebensalter der Menschen in der Bibel wunderbar hoch gehalten, um eine rasche Ausbreitung des Menschengeschlechtes zu ermöglichen. Anhand der Geschlechtsregister in 1. Mos 5 und 1. Mos 11, 10-26 können wir feststellen, daß Abraham 54 Jahre all war, als das dritte Jahrtausend begann. Von Abraham bis Jesus rechnet man nochmals 2000 Jahre; so daß von der Schöpfung bis zur Geburt Jesu zirka 4000 Jahre verflossen sind. Diese Angaben werden im Neuen Testament bestätigt.
Kapitel 1 nennt 42 Geschlechter von Abraham bis zur Zeit Jesu. Rechnet man mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren, dann ergibt dies zirka 2000 Jahre (wie oben). Lukas gibt in Kap. 3, 23-38 die Ahnentafel von Jesus Christus bis Adam an mit 77 Geschlechtern, zu 50 Jahren gerechnet, macht einen Zeitraum von zirka 3900 Jahren.