Die Erbsünde

Lieber Freund,

Kürzlich unterhielten wir uns in der Bibelstunde über die Sünde. Wir lasen Röm 3, 23 und Röm 7, 14 und verstanden den Sinn der Worte so, daß alle Menschen ohne Unterschied Sünder wären und von Geburt an unter die Sünde verkauft sind. Dabei fiel in diesen Betrachtungen auch immer wieder das Wort Erbsünde, aber je mehr wir uns darüber unterhielten, desto mehr wurde uns bewußt, daß wir mit diesem Begriff nicht viel anfangen konnten. Auch fanden wir dieses Wort laut Konkordanz in unserer Bibel nirgends. Wir sagten uns, wenn Gott tatsächlich die Gerechtigkeit in Person ist, dann kann er doch einen Säugling nicht mit einer Schuld belasten, die er nie begangen hat. Und doch gibt es viele Bibelworte wie die beiden obigen, die einen solchen Schluß zulassen. Kannst Du uns in dieser für uns noch verborgenen Weisheit etwas weiterhelfen?

Herzliche Grüße

Dein L.M.

Lieber Freund,

Deine Frage nach der Erbsünde am Schluß deines Briefes ist wohl eines der schwersten Themen unserer christlichen Verkündigung. Auch ich würde dieses Thema bei den verborgenen Weisheiten Gottes einordnen. Dabei sind wir uns beide bewußt, daß nur Gott solch verborgenes Ding offenbaren kann (Dan 2, 28). Weil aber Gott sich uns Menschen offenbaren will, deshalb sandte er uns in Christus einen Erlöser und Lehrmeister, der uns in alle Weisheit und Erkenntnis Gottes leiten soll und will. In 1.Kor 1, 30 steht:

"Er - Christus - ist uns gemacht von Gott zur Weisheit."

Wir sind uns ferner einig darin, daß kein gläubig gewordener Mensch das Vollmaß der Weisheit Gottes bei seiner geistlichen Zeugung erhalten kann, sondern er bekommt vom Geist Christi in seinem geistlichen Wachstum vom Kind zum Manne fortlaufend die Zuteilungen, die er benötigt, und wenn er sie benötigt, erst dann versteht er auch was gesagt ist. Damit möchte ich eigentlich auf eine Regel hinweisen, die gerade für unser Thema besonders zu beachten ist. Nämlich, so wie unser Hineinwachsen in die Gleichheit seines Bildes (Heiligung) nicht von heute auf morgen geschieht, so war es auch mit unserem Herausfall aus diesem Bilde Gottes in der Vorzeit. Er geschah nicht mit einem Ereignis.

Der Fall, der Herausfall, hat eigentlich dort begonnen als Luzifer, der doch von seinem Schöpfer so voller Weisheit und in vollkommener Schönheit erschaffen wurde (Hes 28, 12), in seinem Herzen unzufrieden wurde. Er hätte doch allen Grund gehabt, seinem Schöpfer Ehre und Dank zu erweisen, war er doch kein gewöhnliches Geschöpf, sondern ein Cherub. Hes 28, 15:

"Du warst ohne Tadel in deinem Tun von dem Tage an, da du geschaffen wurdest bis sich deine Missetat fand."

Es fragt sich nun: Worin bestand diese Missetat? Die Antwort gibt uns der 17. Vers. Es war sein Hochmut, aber begonnen hat sein Fall mit seiner Unzufriedenheit. Ich möchte hier noch nicht ins Detail gehen, sondern an dem Fall Luzifer zeigen, daß er eine Parallele zum Fall des 1.Adams darstellt. 1.Mose 1, 26:

"Und Gott sprach, lasset uns Menschen machen, ein Bild das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen, ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn und schuf sie männlich-weiblich."

Diese ersten Menschen waren demnach geschaffen nach dem Ebenbilde ihres Schöpfers, nicht nach dem Ebenbilde der Engel oder eines Cherubs. Sie waren also keine Geistwesen, keine reinen Geistwesen, sondern bekamen einen Leib aus Materie, einen Geist (Lebensodem) und eine Seele eingehaucht. Der Mensch, der dort geschaffen wurde, besteht also aus 3 und nicht aus 2 Teilen, wie die Wissenschaft und die Philosophie und auch große Teile der Theologie oft meinen. Ein klares Zeugnis für die Dreiteilung gibt uns die Bibel in 1 Thes 5, 23:

Die Erschaffung Adams war übrigens schon die erste Rettungsmaßnahme Gottes, um dem Abfall Luzifers und seiner Anhänger entgegenzuwirken. Dieses göttliche Abbild des Menschen müssen wir uns zunächst noch näher anschauen, denn am Schluß dieser Schöpfung sagt uns Gott in 1.Mose 1, 31, daß sie ihm sehr gut gelungen wäre. In diesem sehr guten Zustand war Adam der Herr der Schöpfung, denn wir lesen: Er setzte den Menschen Adam als Herrn über seine Schöpfung ein. Er solle darüber herrschen und dann segnete er ihn. Segen bedeutet hier, er gab ihm alle Ausrüstung, die er für diesen Herrschaftsauftrag nötig hatte. Auch gab er ihm die Voraussetzungen um fruchtbar sein zu können und sich auf Erden zu vermehren. Dieser erste Adam war ja, wie wir gelesen haben, männlich-weiblich, d.h. er hatte das männliche und das weibliche Prinzip in einer Person vereinigt. Daß Luther den 27. Vers falsch übersetzt hat, darüber haben wir uns schon früher unterhalten.

Dadurch, daß Adam den Geist Gottes eingehaucht bekam, war ihm eine ständige Kommunikation mit Gott möglich. Auch war sein Bewegungsspielraum in diesem Zustand nicht begrenzt durch einen Garten Eden.

Vielleicht bist Du, lieber Freund, jetzt überrascht und fragst: Wo steht denn das? Und ich würde antworten: In Röm 5, 14, denn dort steht am Schluß des Verses, daß dieser 1. Adam ein Vorbild oder Bild des Zukünftigen ist. Mit diesem Bild des Zukünftigen ist ja die Erscheinung des auferstandenen Christus gemeint. Und weil wir wissen, daß wir diesem Bild gleichgestaltet, seiner Auferstehung gleich werden sollen, so sind auch wir, bin auch ich in dieses zukünftige Bild mit eingeschlossen.

War nun dieser Auferstandene unsterblich? Ja. Also war es auch der 1.Adam. Richtig, er war unsterblich.

War der auferstandene Jesus Frau oder Mann? Weder noch, sondern er war männlich-weiblich in einer Person gleich wie der 1.Adam. War der Auferstandene beschränkt in seiner Bewegungsfreiheit? Nein, denn er konnte in einem Augenblick sich in die Himmel versetzen und in die Tiefen des Totenreiches fahren. Du siehst, der 1.Adam verfügte über Kräfte und Fähigkeiten, die wir heute kaum mehr erahnen können, und ich bin versucht, auch über dieses Werk Gottes den Satz aus Hes 28, 15 zu setzen:

"Du warst ohne Tadel an dem Tage, da du geschaffen wurdest bis sich deine Missetat fand."

Was veranlaßte denn Gott, diese sehr gute Schöpfung zu zerstören und aus einer Person zwei zu machen. Das bedeutete doch eine 50%ige Wertminderung für den 1.Adam. Nicht nur seine körperlichen und seelischen Funktionen halbierten sich, sondern, was noch wichtiger war, sein Geist wurde geteilt. Die uneingeschränkte Verbindung mit Gott war danach nur noch halb so gut. Deshalb fand jetzt auch Satan viel leichter Gehör bei den beiden. Was also war es, das Gott zu dieser Teilung gezwungen hat, denn er mußte einen Grund dafür gehabt haben. Dieser kann nur in seiner, des Menschen, Missetat gelegen haben. War es vielleicht wie bei Luzifer? Dort sahen wir ja, daß dieser unzufrieden war mit der Stellung und Gestaltung wie ihn Gott geschaffen hatte. In der Tat, es war auch das Gleiche bei Adam.

Wie lange dieser Zeitabschnitt des 1.Adam in Freiheit und Machtfülle gedauert hat, ist mir verborgen, aber nach dem Worte Gottes wird dieser Zeitabschnitt abgeschlossen mit den beiden Versen 1.Mose 2, 3-4:

"Und Gott segnete den 7. Tag und heiligte ihn darum, daß er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf. Also ist Himmel und Erde geworden, daß sie geschaffen sind zu der Zeit da der Herr Erde und Himmel schuf."

Mit dem 5. Vers beginnt dann der sog. 2. Schöpfungsbericht: Gott pflanzte einen Garten in Eden und setzte den Menschen dort hinein. Er gab ihm das Gebot, nicht zu essen von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Dieser 2. Schöpfungsbericht ist nicht gleichzusetzen mit dem ersten, denn er folgte auf einer niedereren Stufe. Die Missetat Adams machte es notwendig.

Vielleicht wendest Du jetzt wieder ein: Warum kannst du das so gewißlich sagen? Meine Antwort ist wieder logisch und für Dich leicht verständlich, denn Du weißt aus dem Evangelium Gottes, daß Paulus beauftragt wurde, zu verkündigen und zu lehren, daß das Gebot, d.h. das Gesetz, von Gott den Menschen nur gegeben wurde, damit die Sünde durch das Gebot offenbar werden kann, daß das Gesetz Erziehungsmittel auf Christus hin wäre. Genau diesen Zweck hatte auch dieses 1. Gebot, das Gott den Menschen gab.

Der männlich-weibliche Zustand des ersten Adams war in dem Moment nicht mehr sehr gut, als Adam mit diesem Zustand nicht mehr zufrieden war und anders sein wollte, als er eine Gehilfin und Partnerin neben sich haben wollte wie die Tiere (V. 16):

"Denn als Gott, der Herr, gemacht hatte von der Erde allerlei Tiere auf dem Felde und allerlei Vögel unter dem Himmel, brachte er sie mit dem Menschen zusammen, daß er sie ansähe."

Und Adam schaute sie an und stellte fest, daß alle eine Gehilfin hatten, nur er nicht; und er wollte auch eine Gefährtin haben. Und weil Gott dem Menschen einen freien Willen gegeben hatte, durfte Adam sich entscheiden und wollen. Deshalb tat Gott auch, was er wollte. Dazu eine Parallele: Als das Volk Israel sah, daß die umliegenden Völker einen König hatten, der über sie herrschte, da wollten sie auch einen, und du weißt, Gott gab ihnen, was sie wollten. Daß das Ansehen schon Sünde sein soll ist allgemein schwerer Tabak für uns fleischlich gesinnte Menschen, obwohl Jesus deutlich sagt in Mt 5, 28: "Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon gesündigt."

Das Wort Gottes ist voll von solch negativen Folgen des Ansehens:

- und Eva sah an, daß von dem Baum gut zu essen wäre.

- als Kain sah, daß das Opfer seines Bruders Abel bei Gott besser ankam als sein eigenes, da ergrimmte er und schlug seinen Bruder tot.

- Lot sah an, daß in der Gegend von Sodom ein fruchtbares Land war und es zog ihn an und er entschied sich für das Irdische.

- und als David den Goliath besiegte und das Volk David mehr pries als den König Saul, da sah Saul David sauer an und versuchte, ihn zu töten.

- David sah die schöne Bathseba an und was wurde daraus?

Das also ist die Methode des Verführers; er versuchte sie auch bei Jesus dort in der Wüste und zeigte ihm alle Reiche der Welt. Da schau an, sagte er ihm , ich kann sie dir geben. Jesus aber ging Satan nicht auf den Leim wie der 1. Adam und Eva. Bei Jesus war die Verbindung mit Gott in Ordnung. Er sah weg von den schillernden Angeboten des Teufels und sah auf zu seinem Vater und parierte das "Sollte Gott gesagt haben" mit dem "Wiederum steht geschrieben". Wie wichtig auch für den heutigen Menschen die Deutung dieser Schau ist, das kannst du daran ermessen, wenn Du Dich selbst prüfst. Wie reagiert deine Seele, wenn Du siehst, was Dein Nachbar sich alles leisten kann, wie er das Leben genießt und wie er gesund ist und du bist vielleicht krank oder hast nur gerade das Lebensnotwendige... Nicht nur das Gebot und die Begrenzung gab der Schöpfer Adam in dieser Phase seines Abfalls, sondern er zeigte ihm gleichzeitig die Folgen, die eine Übertretung des Gebotes haben würden. 1.Mose 2, 17:

"An dem Tage, wo du essen wirst von dem Baum des Guten und des Bösen, wirst du sterben und sterbend sein."

Bei diesem Verse wollen wir noch etwas stehenbleiben. Das Verbot lautete, nicht zu essen von dem Baum des Guten und Bösen. Baum des Guten und Bösen ist symbolisch zu deuten und ist hier - meiner Ansicht nach - ein Abbild für die überirdischen, geistigen Mächte. Von diesen dürfen sie nicht essen. Sie dürfen sich nicht mit ihnen einlassen, denn, was ich esse, das nehme ich in mich auf, das beeinflußt und prägt mich. Wie Du aus 1.Mose 3, 22 ersehen kannst, existierte im Garten Eden damals schon der Baum des Lebens. Dieser ist - wie allgemein bekannt - ein Symbol für Christus. Warum dieser Baum zu jenem Zeitpunkt der Entwicklung für Adam und Eva gar nicht attraktiv war, das ist eine Frage, die wir für später aufheben wollen. Weiter sagt das Gebot :

"An dem Tag, da ihr euch mit diesen Mächten einlaßt, werdet ihr tot und sterbend sein."

So lautet die wörtliche Übersetzung des Grundtextes. Die zwingende Logik wäre demnach, daß der Mensch bis dato unsterblich war. Je mehr uns diese Tatsache klar wird, umso mehr sind wir bestürzt über den Verlust, den wir durch diesen Fall erfahren haben. Gleichzeitig wollen wir aber jetzt schon unseren Blick auf den Baum des Lebens richten und wir erahnen die Größe und Bedeutung der Erlösung, die wir uns durch Christus verheißen ist. Wie sollen wir aber jetzt das "Du wirst tot und sterbend sein" verstehen? Luther übersetzte: "An dem Tage, da du davon ißt, wirst du des Todes sterben." Nun, Adam hat davon gegessen und lebte noch 900 Jahre. Also dem Buchstaben nach können wir dieses Wort nicht nehmen. "Du wirst sterbend sein" als Folge der Übertretung und auf Leib und Seele bezogen, dieses Faktum braucht dann niemand zu beweisen. Daß wir sterbend sind am Fleisch und an der Seele, ist uns klar. Was aber ist damals an jenem Tag bei Adam gestorben oder: welcher Teil seiner Persönlichkeit wurde ihm genommen oder derart reduziert, daß er fast wirkungslos war?

Antwort: Das war der Lichtsodem, der Lebensodem Gottes - der Geist des Menschen, der ihm von Gott eingehaucht wurde. Daß Gott zu einer solch harten Maßnahme greifen muß, wenn ein Geschöpf im Begriff ist, die ihm gesetzten Grenzen zu überschreiten oder, wenn seine Bosheit zu groß geworden ist, das bestätigt wieder einmal das Wort Gottes selbst an anderer Stelle in 1.Mose 6, 3:

"Nicht bleibe mein Geist in dem Menschen für diesen Äon, da er auch Fleisch ist und seine Tage sollen werden unter 120 Jahre." (Übersetzung nach dem Grundtext)

Das war die Zeit vor der Sintflut. Vielleicht erinnerst du dich noch, was wir in früheren Lektionen immer wieder unterstrichen haben, nämlich, daß die Heilsgeschichte Gottes in Intervallen verläuft, so daß immer wieder bestätigt wird, was schon Salomo kannte in Prediger 3, 15:

"Was da ist, war schon einmal gewesen."

Wiederholen wir das bisher Gesagte und fassen es kurz zusammen, so stellen wir fest: der Abfall erfolgte nicht in einem Akt, sondern in verschiedenen Ereignissen von Stufe zu Stufe:

1. Sie waren nicht in der erhabenen Stellung, in der sie geschaffen wurden, zufrieden und wollten mehr. Sie wollten sein wie Luzifer.

2. Durch die Unzufriedenheit nahm die Kommunikation mit Gott ab. Sie hörten mehr und mehr auf Satan

3. Adam wollte eine Gehilfin neben sich haben. Es erfolgte Teilung seiner Persönlichkeit und dadurch

auch Halbierung der göttlichen Gaben und Fähigkeiten.

4. Der Geist Gottes zog sich zurück, sie wurden sterblich. Der Geist Satans füllte das Vakuum aus

und brachte so den Menschen unter seinen Einfluß und seine Herrschaft. Er, Satan, wurde dadurch Herr der Erde.

Lieber Freund, wie ich Dich kenne, würdest du mir in einer Gesprächsrunde jetzt die Frage stellen: War der Lebensodem, als er dem Menschen von Gott, dem Schöpfer, eingehaucht wurde, schon mit dem Bazillus Hochmut infiziert oder entwickelte sich diese Unzufriedenheit, dieser Hochmut, erst später in ihm? Meine Ansicht ist: Der Bazillus war schon in ihm. Jedoch Näheres darüber sparen wir uns für einen späteren Brief auf. Wichtiger scheint mir heute die Frage, ob wir vielleicht den Grund erahnen können, warum der Schöpfer diesen langen Prozess des Abfalls zugelassen hat.

Die Antwort will ich gleich vorweg geben und diese will ich dann nachstehend versuchen zu begründen.

Die Sünde mußte Zeit zur Ausreifung bekommen, damit der Mensch sie auch erkennen und bereuen konnte. Wenn er das konnte, dann wollte Gott mit diesem Geschöpf eine neue Welt in einer höheren Dimension gründen. Begründung: Nachdem die Menschen von dem verbotenen Baume gegessen hatten, erkannten sie, daß sie nackt waren. Sie hatten, wie wir hörten, ihre geistigen Fähigkeiten und Kräfte verloren und mußten nun auf irdischer Basis ganz primitiv von vorne beginnen und versuchen, ihren Verlust mit den Möglichkeiten, die ihnen die Erde, die Materie, bot, auszugleichen. Das Tier nußte sein Fell hergeben zu ihrer Bekleidung, dann kam wohl bald das Steinbeil dazu. So ging es, wie wir aus der menschlichen Geschichte wissen, weiter und weiter. Warum Adam aber nackt wurde, und daß er daran selbst schuldig war, das erkannte er noch nicht.

"Und Gott sprach: Wer hat dir gesagt, daß du nackt bist? Hast Du vielleicht von dem Baum gegessen, den ich dir verboten habe?"

Und was antwortet Adam? Herr, ich bin nicht schuld. Das Weib, das du mir gegeben hat, das, das ist schuld. Und was meinte Eva zu diesem Vorwurf? Vers 13: Ich bin nicht schuld. Die Schlange betrog mich. Ja, und wenn jetzt Gott den Satan gefragt hätte? Was hätte der wohl geantwortet, wenn ihn Gott zur Rede gestellt hätte? Ich nehme an, er hätte gesagt: Was kann ich dafür, daß du mich so klug und so hinterlistig geschaffen hast? Weil keiner der Beteiligten seine Sünde erkannt hatte, deshalb mußte das Gericht auch über Satan kommen. Sein Schöpfer begrenzte auch seine Freiheiten und seine Macht im Universum und verbannte ihn in die Erdsphäre:

"Auf dem Bauche sollst du gehen und Erde sollst du essen."

Als weiteres Gericht erfolgte dann die Austreibung aus dem Garten Eden. Mit dieser Maßnahme veränderten sich auch die Lebensbedingungen auf der Erde: Verflucht sei der Acker um deinetwillen. Mit Kummer sollst du dich darauf ernähren dein Leben lang. Vers 19:

Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen...

Damit solche Veränderungen auf der Erde geschehen konnten, mußte natürlich ein globales, kosmisches Gericht über diese Welt beschlossen werden. Wie dieses in etwa abgelaufen ist, können wir wieder mit diesem Schlüssel "was da ist, ist schon einmal gewesen" bei dem Gericht zur Zeit Noahs erahnen. Wir haben ja früher schon gehört die Aussage Jesu, daß das kommende kosmische Gericht über die Erde, das auch wieder ähnliche Veränderungen zur Folge haben wird, sein wird wie es damals zu den Zeiten Noahs, zur Zeit der Sintflut war. Für uns fleischlich gesinnte Menschen ist die Austreibung aus dem Paradies immer das Wichtigste. Dabei war das doch damals nur die Folge davon, daß Gott dem Menschen seinen Geist genommen hat. Dieser letzte Satz ist aber so, wie ich ihn formuliert habe, nicht ganz richtig und ich bin froh, daß ich ihn berichtigen kann. Gott hat nämlich seinen Leuchtodem, seinen Lichtsgeist, nicht restlos vom Menschen genommen. Er hat ihm einen kleinen Rest gelassen. Diesen kleinen Rest oder diese kleine Geistzelle bezeichnet der Prophet Jesaja in Jes 42, 1-4 und Jesus in Mt 12, 20 als einen klimmenden Docht.

Der klimmende Docht

Nachdem der Mensch von der göttlichen Kraft derart entblößt war, hatte der Satan leichtes Spiel mit ihm. Er versuchte weiterhin, mit aller List, mit allem, was vor Augen ist, dieses Vakuum, das im Geiste des Menschen entstanden war, mit seinem Geiste auszufüllen. Das Versprechen, das er Eva gegeben hat, löste er auf diese Weise ein, denn er gab ihnen Gaben und Erkenntnisse und später auch schöpferische Fähigkeiten: So wurden gewaltige und berühmte Männer auf Erden (1.Mose 6, 4).

Satans Ziel war es, den Menschen derart unter seinen Einfluß zu bringen, daß er ihm seine Charaktereigenschaften eingeben konnte. Er hatte also auch zum Ziel, die Menschen zu seinen Kindern zu machen. Wie diese negative Entwicklung sich dann bei den Menschen auswirkte, beschreibt Jesus in Joh 8, 41-44.

Dort bezeichnet er die Pharisäer und Schriftgelehrten als Kinder Satans. Auf diese Weise kam es, daß die Menschen nur noch Augen und Ohren für das Irdische hatte. Sie erwarteten und suchten das Reich Gottes auf Erden, hier wollten sie es erleben. Das war ihr Ziel. In dieser Gesinnung beteten und beten sie auch heute das Bild Satans an, indem sie nämlich diesem seinem Bilde gleich werden wollten, wie er es ihnen vorstellte. Die meisten tun das ohne daß es ihnen bewußt ist. Wie sehr dem Teufel bisher sein Plan gelingen konnte und gelingen darf, das kannst Du, lieber Freund in Off. 13 nachlesen.

Nach dieser Schilderung könnte jemand, der den Heilsplan Gottes nicht kennt, meinen, der Schöpfer hätte dem Bösen das irdische Terrain ganz überlassen. Dem ist natürlich nicht so. Gott hat zu keinem Zeitpunkt das Steuer aus der Hand gegeben.

Du kennst ja das Gleichnis von dem Weizenkorn unter dem Unkraut aus Mt 13, 24-30. Dieses Gleichnis ist viel mehr als nur ein Vergleich, und wir dürfen und müssen es schon in diesem Stadium der Entwicklung anwenden, also schon ganz vorne im 2. Kapitel der Bibel, denn Eva hatte 2 Söhne. Kain, die spätere Kainslinie, verkörpert den Samen der Schlange und in der Abellinie haben wir den Samen des Weibes. Diese Abellinie führt weiter über Seth , Henoch , Abraham , David zu Christus und noch weiter zum Leib des Christus (auch: Reich der Himmel).

Zwischen beiden Linien soll ja, laut Aussage Gottes, eine beständige Feindschaft sein. In Kain wie in Abel war noch der klimmende Docht vorhanden und sie haben selbstverständlich auch im Hause ihrer Eltern die gleiche Erziehung genießen dürfen, und doch entwickelten sie sich ganz entgegengesetzt. Den Werdegang des Bösen haben wir schon gesehen. Dort wurde der klimmende Docht von einem anderen Geistfeuer verdrängt. Bei Abel war es anders. Warum und in welcher Beziehung es bei Abel anders war, das zeigt uns Gott ganz deutlich an den Gliedern, den Nachkommen der Abellinie. Das Wohlgefallen Gottes ruhte auf Abel. Das ist nicht auf eine gute Laune Gottes zurückzuführen. Das kannst Du jetzt wieder bei Seth und Henoch und Noah, Abraham, Saul oder David nachlesen, warum das Wohlgefallen Gottes auf diesen Männern ruhte. Saul und David sind ein treffliches Vorbild für diese 2 Linien.

Saul war ein König nach dem Herzen des Volkes, und dieses Volkes Herz hat sich von Gott abgewandt

und wurde Satan hörig. Deshalb war auch die Gestalt Sauls eines Hauptes größer als alles übrige Volk. David dagegen war ein König nach dem Herzen Gottes. Deshalb war er der kleinste unter allen seinen Brüdern, als er von Samuel gesalbt wurde.

Ein weiterer Vergleich:

Als Saul in Sünde fiel und von Samuel das Urteil Gottes empfing, da lehnte er sich dagegen auf und rechtfertigte sich. Als David ebenfalls in Sünde fiel und von dem Propheten aufgesucht wurde, da war er verzweifelt und wurde sich so ganz seiner Schwachheit und Schuld bewußt. Er fühlte sich an Geist Seele und Leib wie ein zerstoßenes Rohr und ein klimmender Docht, der sich nicht mehr selbst helfen kann.

Hier haben wir die Antwort auf die Frage, warum Gott dem Unkrautsamen die scheinbare Vormacht-stellung einräumt: damit der Same des Weibes in Bedrängnis gebracht wird und zu rufen anfängt, "Herr, sei mir Sünder gnädig". Ist dies der Fall, dann ist der bedeutendste Augenblick in der Existenz eines solchen Weibessamens gekommen: Er darf essen von dem Baume des Lebens. Das bedeutet: Ein Samenkorn seines Gottes verbindet sich mit seiner restlichen Geistsamenzelle, dem glimmenden Docht. Ein neues göttliches Leben wird gezeugt, wie in Jak 1, 18 geschrieben steht:

"Er hat uns gezeugt nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, auf daß wir wären Erstlinge seiner Kreaturen."

Bitte, bedenke noch einmal, welch großer Unterschied zwischen dem geschaffenen ersten Adam und diesem kleinen Kinde Gottes besteht. Obwohl erst ein Embryo, sind doch die göttlichen Charaktereigen-schaften des Vaters samenkornmäßig alle in ihm vorhanden.

Ich erinnere noch einmal an den eingangs gelesenen Vers (1.Kor 1, 30 ), daß durch Jesum Christum wir gerecht wurden. Er ist uns gemacht zur Gerechtigkeit, zur Schuldentilgung und er hat uns auch vom Tode errettet. Damit war und wurde der Grund in einem Gläubigen gelegt, damit in der nachfolgenden Heiligung der ganze Mensch nach Geist, Seele und Leib heil werden kann. Dieser Heilungsprozeß findet dann seine Krönung, wenn auch der irdische Leib in das Bild des auferstandenen Christus verwandelt werden kann.

Für heute möchte ich damit abschließen. Bitte schreibe mir, ob Du meine Ausführungen verstanden hast oder welche Punkte noch unklar sind.

Herzlichen Gruß

C. K.

Lieber C.K.,

Du kennst mich und weißt, daß sich mein Christsein nicht auf meinen Taufschein stützt und daß ich immer wieder erleben darf, daß sein Geist meinem Geist bestätigt, daß ich in das ewige Leben geboren sein darf. Als Du aber am Schluß Deines Briefes von dem Unterschied geschrieben hast, der zwischen dem eingehauchten Geist und dem "gezeugt durch den Geist" besteht, da mußte ich aufhören zu lesen, stille sitzen und darüber nachsinnen. Wie Schuppen ist es mir auf einmal von den Augen gefallen. Darf ich das denn wirklich so sehen, daß er, der allmächtige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, mir kleinem, so unbedeutenden Menschen seine Erbanlagen, seine Erbmasse, seine Charakter-eigenschaften durch Zeugung geschenkt hat? - Je mehr ich darüber nachdachte desto ungeheuerlicher und unfaßbarer erschien mir diese Gnade und Liebe Gottes. Als der Geist Gottes mir dann das Wort von Paulus in Röm 8, 17 vor die Augen stellte: "Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben", da wurde mir dieses Wunder Gottes so groß, daß ich es einfach mit Worten nicht glaubte beschreiben zu können. Ich mußte dankend anbeten und Freude durchströmte mein Herz. Jetzt verstehe ich, wenn Du immer wieder betonst, daß die Lehre von der Wiedergeburt im Geiste die zentrale Mitte der christlichen Verkündigung ist und gleichzeitig aber auch das größte Wunder im Universum. Daß jede Religion und Lehre, die solches nicht verkündigen und lehren, nicht vom Heiligen Geist sein kann, sondern bestenfalls Engelsbotschaft ist, die von solchen Engeln geheroldet wird, die bestrebt sind, uns das Essen von dem "Baume mitten im Garten" zu verwehren. Vielleicht meinen diese Engel auch, wie der ältere Sohn im Gleichnis vom verlorenen Sohn, daß wir Menschen nicht würdig wären. Dadurch wird wieder deutlich, daß diesen Engeln das Geheimnis der Erlösung noch verborgen ist.

Mit Deiner Auslegung des biblischen Schöpfungsberichts hast Du Dir sehr viel Mühe gemacht. Daß der Abfall von Gott solche Auswirkungen auf die ersten Menschen hatte, leuchtet mir ein. Nur, eine Antwort auf meine Frage hast du mir noch nicht gegeben. Ich verstehe immer noch nicht, warum Gott mir heutigem Ludwig M. die Unzufriedenheit und den Hochmut der ersten Menschen zurechnen sollte. Ich habe doch mit denen, die damals gelebt haben, überhaupt nichts zu tun. Ich kann doch unmöglich schuldig gesprochen werden, wenn ein Namensvetter von mir in Afrika seinen Nächsten totschlägt.

Wohl habe ich schon einmal gehört, daß wir heute Lebenden schon alle samenmäßig in den Lenden des 1.Adam waren. Schön - und wenn es so wäre, wo wäre dann meine Schuld? Ich bin ja veranlagungsmäßig dann so geschaffen? Kein recht gesinnter Mensch würde mich in diesem Fall schuldig sprechen. Schuldig kann ich doch nur werden, wenn ich mich als selbstständige Persönlichkeit, ausgerüstet mit einem eigenen, selbständigen, freien Willen, gegen meinen Schöpfer stelle...

Herzliche Grüße

L.M.

Lieber Freund,

fast glaube ich, Du hast es gemerkt, wie ich mich um eine Antwort auf Deine Frage nach der Erbsünde gedrückt habe. Dabei hatte ich aber die leise Hoffnung, daß du vielleicht selbst die Antwort finden könntest, denn wir haben uns schon einmal über den ersten Vers der Bibel unterhalten. Damals sagtest du, es wäre Dir nicht möglich, an eine Präexistenz des Menschen zu glauben. Mit dieser Einstellung hast du dir eine Barriere aufgebaut, die du erst überspringen mußt, bevor dir auf deine Frage geantwortet werden kann. So weit bist du aber in jedem Fall in Deinem Fragen und Forschen durchgedrungen, daß Du eine Erbschuld, die du nicht persönlich auf Dich geladen hast, als der göttlichen Gerechtigkeit widersprechend und als unlogisch empfunden hast. Die Konsequenz für Dich wäre nun, den Begriff der Erbsünde als falsch abzulehnen oder ihn nur im Sinne einer Kollektivschuld zu sehen. Wenn du aber daran festhältst, daß jeder Mensch von Geburt an ein Sünder ist, dann muß dieser Mensch schon vor seiner Geburt gesündigt haben. Das konnte er dann logischerweise nur in einer früheren Existenz, also in der Präexistenz. Damit meine ich aber nicht in einem früheren Erdenleben als Mensch, sondern in seiner Existenz als Geistwesen vor der Erschaffung des 1. Adam. Das würde für Dich bedeuten, Gott hat Dich nicht erst erschaffen, als Du im Mutterleibe gebildet wurdest, sondern schon zu der Zeit, als er die Urschöpfung ins Leben gerufen hat.

Die ersten beiden Sätze der Bibel reden von der Urschöpfung.

1.Mose 1, 1-2:

"Am Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde, und die Erde ward (im Sinne von "wurde") ein Tohu-wa-bohu."

Gott schuf damals kein wirres Durcheinander oder wüst und leer, wie es Luther übersetzt, sondern ein wunderschönes Universum voller Geistgeschöpfen. Das herrlichste von ihnen war Luzifer. Meines Wissens gibt es nur eine Stelle in der Bibel, wo Gott selbst von dieser Schöpfung redet und diese auch beschreibt.

Sie steht im Buch Hiob. Als Hiob Gott in seinem Tun nicht mehr verstehen konnte und mit ihm rechtete, antwortete Gott in Hiob 38, 4-21:

"wo warst du, als ich die Erde gründete? Sag an, bist du so klug? Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat oder wer über ihr eine Richtschnur gezogen hat? Worauf stehen ihre Füße versenkt oder wer hat ihr einen Eckstein gelegt, da mich die Morgensterne (Engelsfürsten) miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes..."

Und weil Hiob die Antwort auf die Frage, wo er damals gewesen war, nicht geben konnte, weil ihm seine damalige Existenz, so wie Dir auch, verborgen war, gibt Gott ihm diese Antwort in Vers 21 selbst:

"Du weißt es ja, denn zu der Zeit wurdest du geboren und deiner Tage sind viele. (Grundtext: Du weißt es ja, denn zu der Zeit wurdest du geschaffen und deiner Tage sind viel.)"

Die Empörung Luzifers und sein Fall geschahen also in jener Urschöpfung. An dieser Empörung waren ein Drittel der Geistwesen beteiligt (Off 12, 4). Diese fielen damit alle unter das Gottesgericht, dessen Auswirkung das Tohuwabohu war.

Diese wirre Durcheinander brachte Gott wieder in Ordnung, indem er sein göttliches Licht sandte - die Sonne wurde ja erst später geschaffen - und die Guten von den Bösen trennte. (2.Kor 6, 14)

1.Mose 1, 4:

"Und Gott schied das Licht von der Finsternis."

Die 1. Maßnahme zur Zurechtbringung der Gefallenen war dann die Erschaffung der Erde und des 1.Adam, so wie ich schon im ersten Brief erwähnt habe.

In diesem Zusammenhang gesehen, kann die Antwort auf die Frage, ob der 1. Adam schon mit dem Bazillus der Unzufriedenheit angesteckt war, nur mit einem Ja beantwortet werden. Damit wäre auch schon die kürzeste Antwort auf die Frage nach der Erbsünde gegeben: In dem Sinne, in dem Adam schon den Sündenkeim mit seinem Geiste eingehaucht bekam, so auch ich und du.

Mit dem Befehl Gottes an Adam, "Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde", wollte er jedem gefallenen Geistwesen in der Menschengestalt auf Erden die Möglichkeit einer Schuldentilgung und Erlösung zuteil werden lassen.

Herzlichen Gruß

C.K.