Das Symbol des Feuers

In der Bild- oder Symbolsprache der Bibel spielt der Begriff des Feuers eine so wichtige Rolle, daß uns göttliche Heilsgeschichte ohne Feuer schlecht vorstellbar ist. Dies haben schon viele Glaubensväter und auch heute wirkende Prediger erkannt und den folgerichtigen Ausspruch geprägt: Ohne Gericht kein Heil.

Demnach ist Feuer gleich Gericht. Zwar gebraucht das Wort Gottes noch andere Symbole für Gericht wie Schwert, Seuchen, Gewitter, Erdbeben und Sturmwind. Als Hauptbild jedoch für alle möglichen Auswirkungen der Gerichte benützt die Bibel das Feuer.

Das verzehrende Feuer

In Heb 11, 29 lesen wir:

"Denn unser Gott ist ein verzehrend Feuer."

Über 16 Stellen zeugen von dieser Eigenschaft Gottes. Durch das verzehrende Feuer richtet Gott die ungerechten Werke der Menschen. Daß das so sein muß, erfordert die Gerechtigkeit Gottes, die nach der Schrift eine der grundlegenden Eigenschaften des göttlichen Handelns ist.

Ps 89, 15:

"Gerechtigkeit und Gericht sind deines Stuhles Grundfeste." (Elberfelder Übers.)

Jes 66, 15-16:

"Denn siehe, der Herr wird kommen wie ein Feuer und seine Wagen wie ein Wetter, daß er vergelte im Grimm seines Zorns und mit Schelten in Feuerflammen, denn der Herr wird durchs Feuer richten und durch sein Schwert alles Fleisch und der Getöteten des Herrn werden viel sein."

Diese Art von Feuer steht demnach am Anfang einer jeden Zurechtbringung, gleichgültig, ob es um einen einzelnen Menschen, ein Volk oder die gesamte Menschheit geht. Gott nennt dieses Feuer auch ein "ewiges Feuer" (Jes 66, 24). Solange es noch Finsternis und Sünde auf der Erde gibt, hat dieses Gericht seine Berechtigung und muß angewandt werden. Erst wenn das Endziel des Heils in der gesamten Schöpfung erreicht ist und er, der Allmächtige, alles und in allen ist (1.Kor 15, 28), dann wird dieses Feuer nicht mehr benötigt und wird verlöschen.

Der Vater hat dem Sohn alles Gericht übergeben, und wir haben jetzt den Anfang dieses Gerichtes als das verzehrende Feuer kennengelernt.

Eine weitere Belegstelle für diese Art von Feuer haben wir auch in der Predigt Jesu in Mt 5, 26:

"Ich sage dir, du wirst nicht von dannen herauskommen, bis daß auch der letzte Heller bezahlt ist."

Hier also ist von einem verzehrenden Feuer die Rede.

Das reinigende Feuer

Die Bibel kennt nicht nur das verzehrende Feuer. Vielfach ist auch die Rede von einem reinigenden Feuer. Als 3.Art redet sie noch von einem heiligenden Feuer. Diese 3 verschiedenen Auswirkungen des Feuers wollen wir in der heutigen Bibelstunde etwas näher betrachten.

Wenn in einer Existenz das verzehrende Feuer seinen Zweck erfüllt hat, dann dürfte die Zeit bei diesem Menschen gekommen sein, daß der Herr ein reinigendes Feuer senden kann. Wer durch die Tür in das Heiligtum des Hauses Gottes eingehen will, dessen Weg führt über den Brandopferaltar durch das eherne Waschbecken zur Tür in das Heiligtum, so wie wir es in der Schrift vom Hause Gottes ausführlich berichtet haben.

Das eherne Waschecken steht ja als Symbol für die Reinigung einer Schuld. Wer diesen Reinigungs-prozeß nicht notwendig zu haben meint, dem wird es ergehen wie jenem im Hochzeitssaal (Mt 22, 12), zu dem Jesus sagte,

"Freund, wie bist du hereingekommen und hast kein Hochzeitskleid an?"

Dazu noch ein Wort aus Maleachi 3,2:

"Wer wird bestehen, wenn er erscheinen wird, denn er ist wie das Feuer eines Goldschmieds und wie die Seife der Wäscher."

Das reinigende Feuer wirkt sich im Vorhof des Tempels aus. Durch das Blut der Opfertiere und das reinigende Feuer auf dem Brandopferaltar wird die Schuld des Sünders bedeckt.

Wie sich diese reinigenden Feuer dann in der Praxis auswirken, können wir wieder einmal an dem Vorbild Israel verfolgen.

Jer 33, 8:

"Ich will das Gefängnis Judas wenden und sie reinigen von aller Missetat."

Daniel 12, 10:

"Viele werden gereinigt und geläutert und bewährt werden."

Wer noch einige weitere Stellen dazu lesen möchte, schlage nach bei 1.Mose 35, 2; 3.Mose 14,7; 3. Mose 16, 30; Nehemia 13, 30; Jes 1, 16.

Daß Gott keinerlei Feuergerichte zum Zwecke der Vernichtung seiner Geschöpfe anwendet oder verordnet, wird besonders deutlich durch Worte wie Jes 43, 2:

"Und so du durchs Feuer gehst, sollst du nicht brennen und die Flamme soll dich nicht verzehren."

Ein allgemein bekanntes Bild, wie Gott diese Verheißung einlöst, haben wir ja in Daniel 3 von Nebukadnezar, der die 3 jüdischen Männer in den Ofen werfen ließ, und das Feuer durfte ihnen nicht schaden.

Solch ein reinigendes Feuer kann sich auch in Krankheit auswirken. Naemann ist uns dafür ein Beispiel (2.Kö 5, 14). Gott benützt bei ihm die Krankheit, um ihn später reinigen und heilen zu können. Das gleiche gilt auch für alle Heilungen, die Jesus zur Zeit seines irdischen Wirkens in Israel tat. Es waren vor allem die Mühseligen und Beladenen, die Kranken, die den Weg zu Jesus suchten, um geheilt zu werden. Diese Möglichkeit, Menschen zu ihm zu rufen, benützt Gott auch noch nach Pfingsten. Lukas 4, 18 und Apg 8, 7 zeigen uns dies ganz deutlich. Wir haben bei der Betrachtung des Baumsymbols gehört, daß jeder Baum, der keine Frucht bringt, abgehauen werden muß und in das Feuer geworfen wird (Mt 13 und Lk 3, 9).

Das reinigende Feuer wirkt im Heilsplan Gottes im gleichen Sinn wie das Gesetz, nämlich als Zuchtmeister und als erziehende Maßnahme Gottes, um einen Menschen zu ihm, dem Heiland zu führen.

Der Grundsatz, "Ohne Gericht kein Heil", gilt demnach nicht nur für das Volk Israel, sondern darüber hinaus für alle Völker und Menschen, das heißt für jeden "Baum".

Ohne Gericht kein Heil, gilt für alle Menschen, die als Sünder geboren werden. Hier ist weder Jude noch Grieche, wie Paulus sagen würde (Röm 10, 12).

Das heiligende Feuer

Hat im Leben eines Sünders das reinigende Feuer seinen Zweck erfüllt, dann ist auf dem Weg über Buße und Bekehrung durch das Zeugungswunder Gottes ein Kind Gottes geworden, wie beschrieben und verheißen in Joh 5, 24:

"Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode ins Leben durchgedrungen."

Der bekannte Vater in Christo, Theodor Böhmerle, schreibt in einem seiner Bücher sinngemäß, das Wort Gottes könne jeder gebildete Mensch lesen, das Verstehen schenke ihm Gott aber seiner geistigen Entwicklungsstufe entsprechend. Diesen Hinweis auf geistige Entwicklungsstufen wollen wir sehr beachten. Was müssen wir darunter verstehen und wie wirken sich die Unterschiede der einzelnen Stufen aus?

Wir haben gelesen, daß wer an das Wort, an Jesus glaubt, vom Gericht erlöst ist. Ein junges Kind in Christo nimmt dieses Wort für sich in Anspruch, ohne es zu überdenken. Es glaubt, daß es nun von aller Art der Gerichtsfeuer erlöst ist und, wenn es jetzt auch noch eine entsprechende geistige Ernährung bekommt, nimmt es für sich persönlich an, erlöst zu sein nach Geist, Seele und Leib. Es glaubt, diese Erlösung im vollen Sinne real zu besitzen. Wenn es sich auf dieser geistigen Stufe wie ein junges Mastkalb verhält und seiner Freude Ausdruck gibt, dann sollte ein erfahrener Christ, ohne Vorbehalte, sich mit ihm freuen können, wohl wissend, daß der Tag kommen wird, wo dieser selige Zustand der ersten Liebe durch die Realitäten des Alltags und des Kampfes mit der Finsternis sein Ende, sein scheinbares Ende finden wird. Jeder erwachsene geistige Christ hat doch selbst diese Entwicklung erlebt und erfahren, daß eines Tages sein himmlischer Hirte kam und von den lichten Höhen herunterführte in dunkle Täler. Wohl dem Schäflein, das in dieser Phase seiner Entwicklung einen wirklichen geistigen Vater neben sich hat, der Handlanger des Heiligen Geistes sein kann, um dem Jüngeren die 3 verschiedenen Auswirkungen des göttlichen Feuers verständlich zu machen. Ohne diese Erkenntnis kamen schon viele junge Christen in arge Zweifel und Glaubensnöte als die Realitäten ihres Fleisches sich letztlich doch als die stärkeren erwiesen und ihren unnüchternen, seelisch orientierten Glauben ins Wanken brachten. Es ist eine Gnadengabe des Heiligen Geistes, wenn ein Jünger Jesu das Verständnis dafür bekommt, daß das heiligende Feuer eine unbedingte Voraussetzung dafür ist, um das Ziel der Verheißung, das Kleinod, zu erlangen (Phil 3, 13-14).

Diese 3. Art von Feuer, das heiligende Feuer, ist den meisten von uns durch das Wort in Kol 1, 24 auch unter einer anderen Bezeichnung bekannt. In dem dortigen Zusammenhang wird es meist als stellvertretendes Leiden bezeichnet. Dies sei, so lehrt Paulus, für unseren menschlichen Verstand ein verborgenes Geheimnis, ja es sei für unser Fleisch sogar oft ein Ärgernis. So manches Wort Gottes wird zum Ärgernis, solange wir es nicht richtig verstehen. So verhält es sich auch mit dem bekannten Wort des Täufers Mt 3, 11:

"Ich taufe euch mit Wasser zur Buße. Der aber nach mir kommt, ist stärker als ich. Er wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen."

Dieses Wort hat schon manche Spaltung deshalb ausgelöst, weil das Wort von der Taufe mit Feuer ganz verschieden verstanden wurde.

Was unter der Taufe mit dem Heiligen Geist verstanden wird, darüber ist man sich meist einig. Man sieht darin die Neugeburt im Geist im Sinne von 2.Kor 5, 17:

"Ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen. Neues ist geworden"

Die Bedeutung und den Unterschied zwischen der Wassertaufe und der Taufe mit dem Heiligen Geist haben wir in früheren Betrachtungen behandelt und wollen uns deshalb wieder unserem Thema, dem Feuer zuwenden.

Was müssen wir unter der Taufe mit Feuer verstehen?

Wie wir schon gehört haben, bedeutet Feuer Gericht. Weiter ist uns bekannt, daß alles Gericht dem Sohn vom Vater übergeben wurde. Deshalb kann letztlich nur er, der Sohn, mit Gerichtsfeuer taufen. Mit solcher Auslegung können die Geschwister aus den Pfingst- und Missionsbewegungen nicht viel anfangen. Sie sehen in der Feuertaufe eine weiterführende Taufe, in der die Gläubigen die Fülle des Geistes erhalten. Sie meinen weiter, dieses Feuer könne nicht mit Gericht in Verbindung gebracht werden, da wir laut Joh 5, 24 aus dem Gericht erlöst sind.

Außerdem sei es auch unmöglich, einem Menschen zu sagen: Komm zu Jesus. Er heilt deine Gebrechen. Er nimmt deine Last ab und er erlöst dich aus dem Gericht, und ihm gleichzeitig zu predigen: Er tauft dich mit Gerichtsfeuer, wenn du ihm nachfolgst.

Natürlich ist dieses Argument berechtigt, aber es spricht nicht gegen unser Verständnis von der Feuertaufe, sondern dafür, daß ein guter Evangelist nicht unüberlegt mit Bibelworten um sich werfen kann, sondern er wird seine Worte und Texte sorgfältig auswählen. Das gilt nicht nur für die Evangelisten, sondern nach Mt 24, 45 für jeden guten Haushalter. Dort heißt es:

"Er wird seinem Gesinde, seinem Hause, zur rechten Zeit die rechte Speise geben."

Zur rechten Zeit die rechte Speise austeilen zu können, setzt voraus, daß der Hausvater selbst weiß, wann der rechte Zeitpunkt gekommen ist und worin der Unterschied zwischen den einzelnen Speisen besteht.

Die Wichtigkeit dieser Erkenntnis wollen wir mit 3 Bibelstellen unterstreichen.

1.) Paulus an Timotheus in 2.Tim 2, 15:

"Befleißige dich, dich Gott zu erzeigen als einen rechtschaffenen, unsträflichen Arbeiter, der da recht teile das Wort der Wahrheit."

Auch dieses Wott brachte schon viel Zwietracht in die Gemeinde Jesu, weil das Wort vom Teilen verschieden praktiziert wurde. Dabei wurde meiner Ansicht nach die stufenmäßige Entwicklung des Einzelnen und des Volkes zu wenig beachtet. Weil jedoch darüber schon viel geredet und geschrieben wurde, wollen wir nicht näher darauf eingehen.

2.) Das 2.Wort steht in Heb 5, 12-14:

"Und die ihr längst solltet Meister sein, bedürfet wiederum, daß man euch die ersten Buchstaben der göttlichen Worte lehre, daß man euch Milch gebe und nicht starke Speise, denn wem man noch Milch geben muß, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein junges Kind. Den Vollkommenen aber gehört starke Speise, die durch Gewohnheit haben geübte Sinne zu unterscheiden das Gute von dem Besseren."

Und dazu aus dem nächsten Kapitel die beiden ersten Verse:

"Darum wollen wir die Lehre vom Anfang christlichen Lebens jetzt lassen und zur Vollkommenheit fahren, nicht abermals Grund legen von Buße der toten Werke, vom Glauben an Gott, von der Taufe, von der Lehre vom Händeauflegen, von der Totenauferstehung und vom ewigen Gericht."

Ich meine, mit diesem zweiten Wort wird eindeutig erklärt, wie wir das erste Wort in 2.Tim 2, 15 vom Teilen verstehen und anzuwenden haben. Für einen Gläubigen, der noch im reinigenden Gerichtsfeuer steht, er sei Jude oder Grieche, ist die Botschaft von der vollen Erlösung und damit die Lehre auch der mitfolgenden Zeichen (Mk 16, 16-17) die lautere Milch des Evangeliums.

Hat dieser Mensch dann aber die Erlösung im Geist angenommen, dann ist Grund gelegt und ein Anfang in seinem Leben gemacht (1 Kor 3, 11). Auf diesem Grund kann sich jetzt das Neue stufenmäßig entwickeln. Es kann wachsen. Ist dieses Kind aufrichtigen Herzens, dann wird es sich zu einem Erwachsenen entwickeln. Er bedarf bald nicht mehr nur der Milch, sondern wird sich nach festerer Speise sehnen und sein himmlischer Hirte wird ihm dann auch zuteilen können, was zu seinem Wachstum in allen Stücken nötig ist. Zeichen und Wunder hören auf. Sie verlieren in seinem Leben an Bedeutung.

Eine solche Entwicklung hat Paulus durchlaufen, und auch seinem Jünger Petrus gab der Meister bei der Berufung in das Hirtenamt einen klaren Hinweis auf seine spätere Feuertaufe. Ich bin überzeugt, daß Petrus zum damaligen Zeitpunkt die Bedeutung dieser Worte noch nicht verstanden hat.

Joh 21, 18:

"Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du willst, wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst."

Als dann Petrus später in seinem Alter mit dieser Taufe konfrontiert wurde, kam bestimmt der Heilige Geist auch ihm zu Hilfe und klärte ihn auf über Sinn und Zweck dieses Gerichts (Joh 16, 8).

3.) Auch der Apostel Johannes hat in diesem Sinne das Wort Gottes geteilt und ausgeteilt. Wir ersehen das aus seinem Wort in 1Joh 2, 12-13. Es ist das 3. Wort, das wir in diesem Zusammenhang zitieren wollen:

"Liebe Kindlein, ich schreibe euch, denn die Sünden sind euch vergeben in seinen Namen. Ich schreibe euch Vätern, denn ihr kennet den, der von Anfang ist."

Auch Johannes machte keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen, aber einen umso deutlicheren zwischen Kindern und Vätern in Christo.

Das Vorbild Hiob

Hiob war eine umstrittene Persönlichkeit. Nicht nur in der geistigen Welt stritt man sich um Hiob, auch in seiner irdischen Umgebung fand seine Glaubenskonsequenz wenig Verständnis. Es würde uns auch nicht wundern, wenn wir am Ende der Streitgespräche, die Hiob mit seinen 3 Freunden geführt hat, einen ähnlichen Ausspruch fänden, wie ihn Paulus in 2.Tim 4, 16 getan hat: "Sie verließen mich alle." Diese Verlassenheit scheint mir dann die Endphase in Hiobs Läuterungsfeuer zu sein. Auch unser Herr und Meister mußte durch diese Verlassenheit hindurch. Mir persönlich wurde dabei die Erkenntnis wichtig, daß es einen Unterschied gibt zwischen dem Gericht in Hiob Kap 1 und dem Gerichtsfeuer, das uns Kap 2 beschreibt. Es verhält sich meiner Ansicht nach hier ähnlich wie bei den beiden Schöpfungsberichten in Genesis. Der sog. 2. Schöpfungsbericht ist nicht einfach eine Ergänzung und Bestätigung des ersten, sondern eine ganz neue Phase im Schöpfungsablauf. In diesem Sinne haben wir in Hiob Kap.2 nicht nur eine Verlängerung des Unglücks, das Gott über ihn im 1.Kapitel kommen ließ, sondern jede Feuertaufe bewirkte eine bestimmte Entwicklung im Leben Hiobs. Aus dieser Sicht bekommen die beiden Feuer einen unterschiedlichen Charakter. Im 1.Kapitel haben wir es mit dem reinigenden Feuer zu tun, das Hiob von seiner Selbstgerechtigkeit, die aus dem Halten der Gebote und Opfervorschriften kam, befreite, sodaß er seine ganze Hoffnung auf die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes setzen konnte. Wir lesen dann:

"Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Der Name des Herrn sei gelobt".

Ab Kapitel 2 haben wir es dann mit einem Hiob zu tun, der "in der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt" gestanden hat und in ihr, von Gott her gesehen, als Gerechter erfunden wurde. Ich will versuchen, dies in einem Beispiel deutlicher zu zeigen.

Die Jünger Petrus und Nathanael waren bei ihrer Berufung durch Jesus auch "recht und schlecht" wie Hiob in Kap 1, 8 rechte Israeliten, in denen kein Falsch war (Joh 2, 47). Sie trachteten am ersten nach dem Reich Gottes und waren in der Tat bereit, ihren irdischen Besitz zu verlassen und Jesus nachzufolgen, ganz wie Hiob in Kap 1, 21. Wohl hörten sie jetzt schon den Ruf, "Ich will euch zu Menschenfischern machen", aber dazu wirklich fähig waren sie noch nicht. Das wurden sie erst nach Pfingsten, als Petrus von seinem Meister den Auftrag bekam, "Weide meine Schafe!" (Joh 21, 17) Petrus, sei ein guter Hirte, führe die Schafe Gottes und bedenke: Ein guter Hirte läßt sein Leben für die Schafe (Vers 19). Der Unterschied, der zwischen den Religionen und der christlichen Religion besteht, ist bekanntlich der, daß die Bibel, und damit der Allmächtige, einen Erlöser für den verlorenen Sünder, für das verlorene Schaf anbietet. Für diese Aufgabe sandte Gott seinen Sohn, und dieser wiederum sendet mit der gleichen Aufgabe seine Nachfolger (Joh 17, 18).

Diese Aufgabe ist Grund und Mittelpunkt der gesamten Bibel des Alten und Neuen Testaments. Wenn Gott auch im Alten Testament einen Menschen mit dieser Aufgabe betraut, verläuft sein Leben die wenigste Zeit auf sonnigen Höhen, sondern es wird dadurch geprägt, daß er sich mit den Widerwärtigkeiten des Lebens auseinanderzusetzen hat. Allerdings versuchen wir Menschen, unserer Natur entsprechend, gerade diesen Gerichten auszuweichen.

Lot, der Neffe Abrahams, ist für uns ein treffendes Beispiel dafür. Als er sich selbst gürtete und seine Zukunft in die Hand nahm, um sie besser zu gestalten, begab er sich in Sodom ganz schön ins Feuer. In dieser seiner irdischen Gesinnung konnte er für die Sodomer nicht in den Riß treten, wie dies Gott in Hes 22, 30-31 beschreibt:

"Ich suchte unter ihnen, ob jemand sich zur Mauer machte, der vor mir in den Riß treten möchte für das Land, auf das ich es nicht verderbte, aber ich fand keinen. Darum schütte ich meinen Zorn (das verzehrende Feuer) über sie und mit dem Feuer meines Grimms vernichte ich sie. Ich bringe ihren Weg auf ihren Kopf."

Wir ahnen, daß dieses Wort auch ein indirekter Hinweis auf den Erlöser ist und daß nicht nur Israel, sondern das ganze Menschengeschlecht seit dem Urfall, durch diesen Riß von Gott getrennt ist. Weiter wissen wir, daß diese Schuld, die uns von Gott trennt, nicht durch einen Gnadenakt von Gott getilgt wird, sondern, um der göttlichen Gerechtigkeit willen, die im ganzen Universum seine Gültigkeit hat, muß jemand diese Schuld bezahlen. Römer 5, 4 spricht dies wie folgt aus:

"Die Gerechtigkeit, vom Gesetz gefordert, muß erfüllt werden. Deshalb sandte Gott seinen Sohn und deshalb mußte dieser in das Gerichtsfeuer. Meine Strafe, sagt Gott, liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten."

So weit sind wir wohl alle einerlei Erkenntnis. Nur, wenn wir jetzt weiterschreiten wollen und sagen, Gott will nicht nur, daß sich sein erstgeborener Sohn in den Riß stellen ließ, sondern er will, daß sich auch die nachgeborenen Söhne in den Riß stellen lassen im gleichen Sinne und mit dem gleichen Zweck und Ziel wie ihr Meister, dann werden wohl viele sagen, "Halt, da kann ich nicht mit. Das geht mir dann doch zu weit. Ich kann mich doch nicht auf eine Ebene mit Jesus stellen." Nun, jeder soll sich nach seiner Erkenntnis verhalten. "Wer aber Jesus bis zum Ende nachfolgen will, der läßt sich auch taufen mit der Taufe, mit der sein Herr getauft wurde" (Mt 20, 23). Lesen Sie das bitte nach. Das ist dann die Feuertaufe. Seht, diese Art der Feuertaufe hat auch Hiob erfahren. Deshalb sehe ich auch in ihm ein Vorbild für alle wahrhaftigen Jünger Jesu im Neuen Bund. Die Feuer, durch die Hiob nach Gottes Willen oder Zulassung geführt wurde, durften ihm nicht schaden, sondern formten ihn zu einem guten Hirten, der sein irdisches Leben geopfert hat und das nicht nur für seine Familie, sondern auch für seine scheinbar so frommen Freunde. Diese wären ohne sein In-den-Riß-Treten, seine Fürbitte des Todes gewesen (Hiob 42, 7-9). Wir sehen, das Feuer spielt nicht nur eine Rolle in der gesamten Bibel und damit allgemein im Heilsplan Gottes, sondern auch in der größeren Einheit der gesamten Gemeinde Jesu Christi. Wir erinnern uns an die 7 Sendschreiben. Damit müssen wir die Feuer zu den notwendigsten und wichtigsten Maßnahmen und Führungen Gottes zählen. Ohne sie kann keiner von denen, die in der Kampfbahn laufen, wie es Paulus bildlich darstellt, das Kleinod erlangen. Und weil Paulus solche Erkenntnis hatte und den Sinn seiner Leiden verstand, deshalb konnte er sich auch eines Tages dieser Leiden freuen und sie dankbar annehmen.

Christof Konzelmann

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