Das Gebet

 

Das Gebet wird von uns Christen meistens im Sinne von "bitten" praktiziert. Wenn es um ein großes Anliegen geht, dann sind wir im allgemeinen der Ansicht, daß je mehr Beter hinter der Bitte stehen, je eher würde Gott erhören. So werden in wenigen Wochen alle christlichen Frauen der Welt aufgefordert, an einem bestimmten Tag gemeinsam für den Frieden zu beten. Es beeindruckt uns, wenn wir hören: da ist jemand unheilbar krank und es beten dann für die Schwester gleichzeitig 1000 Christen ihrer Gemeinde um Heilung: Und das Wunder geschieht.

Und wenn das Wunder nicht geschieht - nun, dann beten wir halt weiter, nicht nur 7 mal sondern 70 mal - und dann muß uns doch Gott um unseres unverschämten Drängens willen (Luk 11, 8) erhören.

Sollte ER auch dann immer noch nicht tun wie wir ihn bitten, dann könnten wir doch das Gebet durch ein gemeinsames "Fasten" verstärken (Mt 17, 21). Diese Aufforderung zum Fasten steht nur in der Lutherübersetzung.

Oft hörte ich schon die Meinung: Wenn Gott dein Gebet nicht erhört, dann liegt das nur an dir, bekenne erst deine Sünden (Jak 5, 16). Oder du hast etwas gegen deinen Nächsten. Gehe erst hin und versöhne dich mit ihm.

Die einfachste Voraussetzung, um erhörlich beten zu können, scheint uns in Joh 14, 13-14 zu stehen:

"Wahrlich, wahrlich, alles was ihr bitten werdet in meinem Namen das will ich tun" (spricht Jesus).

Jeder aktive Beter dürfte damit schon seine eigene Erfahrung gemacht haben, und hat dann früher oder später festgestellt, daß das bloße Aussprechen von dem Namen Jesus Christus halt auch nicht das erhoffte Wunder wirkte. Sollte hier schlecht übersetzt sein? Nachdem wir uns überzeugt haben, daß der Wortlaut und der Sinn dieser Aussage Jesu mit den Grundtexten übereinstimmt, kann es nur an unser mangelhaften Erkenntnis liegen, daß wir so wenig: "Wahrlich, wahrlich, das Wort Jesu stimmt", bezeugen können.

Wir haben in der letzten Bibelstunde die Grundlegung des Königreiches der Himmel betrachtet und dabei erkannt, daß das Gesetz von der Entwicklung nicht nur auf unserer Erde in der Biologie Gültigkeit hat, sondern auch für das Himmelreich gilt. Wir hörten:

"Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden, es ist inwendig in euch"

Jeder aus dem Geist gezeugte Christ wird als kleines Kind in das Reich Gottes hineingeboren. Als solches muß es nun, wie die Schrift sagt, vom Kinde zum Manne wachsen. Bezüglich unseres alten Adams wissen wir, daß dazu eine vielseitige Kost notwendig ist, die wir auch täglich zu uns nehmen müssen. Jedoch nicht nur die Früchte des Feldes sind für uns Menschen lebensnotwendig, auch unsere Lunge hat Nahrung nötig. Wenn wir zu wenig Sauerstoff bekommen oder eine zu schlechte Luft, dann nützt uns alle Vollwertkost nichts.

Das gleiche gilt auch für das in uns gelegte Samenkorn des Himmelreiches!

Als feste Nahrung für den neuen Menschen in uns sehe ich das geschriebene und gehörte Wort Gottes, das in Verbindung mit der sichtbaren Gemeinde der Gläubigen gegessen wird. Damit diese Nahrung aber auch verdaut werden kann, dazu brauchen wir noch geistigen Sauerstoff. Diesen bekommen wir durch die Verbindung mit unserem Vater im Himmel. Diese Verbindung ist gleich einer Nabelschnur, mit welcher der Embryo mit der Mutter verbunden ist und durch welche diesem Leben zufließt.

Diese Verbindung mit Gott, unserem Vater, nenne ich "das Gebet".

Dem wollen wir nachdenken - und wer dies bejahen kann, für den bekommt der Begriff Gebet eine umfassendere Bedeutung als nur eine Möglichkeit um seine Sorgen loszuwerden, und er fragt sich:

Wie ernähre ich meinen inneren Menschen besser - wie bete ich richtig?

Wenn ich bete, dann spreche ich mit Gott. Diese Erklärung ist so einfach und ebenso richtig formuliert wie: Wenn ich an Jesus glaube, dann komme ich in das Reich Gottes und habe das ewige Leben. Wie gesagt: Das ist die Wahrheit und doch spricht Jesus in Mt 7, 22:

"...es werden viele an mich glauben und doch nicht hineinkommen!"

Seht, dazu sind Bibelstunden da, damit solche Widersprüche aufgeklärt werden. Es werden viele beten und meinen, sie sprechen mit Gott oder Jesus und wenige werden tatsächlich mit Gott (direkt) sprechen.

Wir müssen deshalb das Gebet bzw. das Telefongespräch etwas besser unter die Lupe nehmen.

Zu jeder Kommunikation gehören zwei Partner - ist klar. Nun, der Eine bin ich oder du und der Andere sollte, meiner Ansicht nach, drüben der Chef persönlich sein. Das ist aber tatsächlich nur selten der Fall, denn meistens läuft das Gespräch über das Vorzimmer des Chefs.

Was ist nun das Vorzimmer des Allmächtigen? Und wer sitzt in dem Vorzimmer des Allmächtigen? Vielleicht antwortet einer auf diese Frage: Das kann doch kein Mensch wissen. Dem müßte ich sagen: Nichts einfacher als diese Antwort, steht sie doch sehr leicht verständlich in deiner Bibel. Stichwort "Haus Gottes".

Wenn irgend ein Mensch die Verbindung (Gespräch) mit Gott sucht, dann muß er sich aufmachen und ihn dort aufsuchen wo er wohnt, nämlich in sein Haus, und den Weg dorthin wisset ihr auch (und seine Telefonnummer); sprach Jesus zu seinen Jüngern (Joh 14, 4). Und wenn jemand darauf so ehrlich wie Thomas antwortet: Herr, wie sollen wir deine Telefonnummer und den Weg wissen, dann wird Jesus ihm wieder antworten und sagen: So lange geht ihr schon in die Versammlungen und hört das Wort und lest die Bibel und wißt das nicht? Der Weg führt in den Vorhof meines Tempels zum Brandopferaltar. Dann durch die Tür in das Heiligtum, zum goldenen Altar, dann in den Thronsaal des Allerhöchsten (Allerheiliges).

Wir haben demnach 2 Vorzimmer, in denen unser Telefonanruf landen kann.- Soweit zunächst über die Empfangszentrale.

Betrachten wir jetzt einmal den Beter (Telefonierer) etwas näher. Ich bete. Wer bin der "Ich"? Gerne dürft ihr jetzt dagegenhalten: Dumme Frage - als ob ich nicht wüßte, wer ich bin. Natürlich weißt du das! Deine und meine Persönlichkeit besteht aus Geist, Seele und Fleisch.

Unser "Ich" existiert also in drei verschiedenen Frequenzbereichen.

Und daß unsere Gegenstelle ebenfalls in drei verschiedenen Lichts- oder Frequenzbereichen zu sehen ist, haben wir uns vorstehend verdeutlicht.

Wenn wir beten, dann benützen wir ja bekannterweise ein drahtloses Telefon. Daraus darf ich folgern, daß das Telefon des Empfängers immer im gleichen Frequenzbereich arbeiten und damit stehen muß, in dem auch ich bete. Das verlangt ein physikalisches Gesetz, das nicht nur auf unserer Wohnerde Gültigkeit hat.

Die Dreiteilung des Gebets

Wir haben jetzt schon gemerkt, daß die Thematik über das Gebet doch nicht so einfach ist, wie wir es uns am Anfang vielleicht vorgestellt haben. Um Ordnung in unser Gebetsleben zu bringen, teilen wir jetzt unsere Gebete ein in:

1. Fleischliche Gebete 2.seelische Gebete 3. geistige Gebete.

In dem gleichen Sinne, wie wir nach Röm 12, 2 gelernt haben, den Willen Gottes zu unterscheiden in den "Guten", den "Wohlgefälligen" und den "vollkommenen Gotteswillen". Auf diese Weise haben wir ja bislang auch die Begriffe Glaube-Liebe-Hoffnung entwicklungsmäßig unterteilt.

1. Das fleischliche Gebet:

Natürlich ist es eine gute Sache, wenn ein Mensch, der bislang glaubte, ganz gut ohne Gott auszukommen, in einer lebensgefährlichen Lage zu Gott schreit und um Errettung betet und dabei oft auch ein Gelübde tut. Wie schnell so ein Gelübde meist wieder vergessen wird, dafür steht als Vorbild für uns die Geschichte Israels. Ein fleischliches Gebet dreht sich immer nur um irdische Belange. Wenn Gott solche Bitten erhört und erfüllt, dann deshalb, damit der Glaube wachse. Ist das dann bei einem Menschen nicht mehr der Fall, dann wird Gott solche Gebete nicht mehr erhören und es muß Gericht folgen (siehe wieder Vorbild Israel).

2. Das seelische Gebet:

Herr vergib mir - Herr schenke mir Frieden - Herr hilf mir - ist ein typisch seelisches Gebet; und solche Gebete sind wohlgefällig vor Gott. Sie gelangen in dem Hause Gottes zu dem Brandopferaltar. Der Beter bekommt als Antwort eine vermehrte Glaubensgabe an Christus als das Lamm Gottes und Sünden-vergebung. Von dieser Empfanszentrale zeugt Jak 5, 15:

"...das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen und so er hat Sünden getan werden sie ihm vergeben werden."

Wir wissen jedoch, daß unser natürlicher Mensch mehr vom Fühlen und Denken her beeinflußt wird, also von der Seele her beherrscht wird, anstatt vom Geist, deshalb sind hier noch die Gebete vielfach um irdische Dinge. Es gefällt Gott wohl, wenn wir Fürbitte tun für unsere Hausgenossen und für alle Menschen in Stadt und Land. Alle Knechte Gottes im alten Testament haben auf dieser Ebene (Frequenz) gebetet, z.B. 1.Kön 8, 28:

"Wende dich aber zum Gebet deines Knechtes und zu seinem Flehen. Herr, mein Gott, auf daß du hörest das Lob und Gebet, das dein Knecht heute vor dir tut".

Ps 88, 3:

"Laß mein Gebet vor dich kommen; neige deine Ohren zu meinem Geschrei."

Bei dieser Art von Beten will die Seele beteiligt sein, deshalb fordert dieses Gebet meist einen würdigen, besonderen Rahmen z.B. Händefalten oder Hände hochhalten - Liturgien - Worte - Lieder - Feste - besondere Orte wie Gotteshäuser - auf den Knien - im stillen Kämmerlein. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß das vollkommene Gebet nicht auch in einem bestimmten Rahmen gesprochen werden kann.

3. Das vollkommene Gebet im Geist:

Die Begrenzung zwischen einem Seelischen und einem Gebet im Geist ist nicht scharf zu ziehen, sondern sie ist ineinander fließend. Vielleicht können wir einen wesentlichen Punkt mit dem Bild vom Knecht und Kind zeigen. Der Knecht eines Hauses muß immer um eine Audienz bitten, wenn er den Herrn des Hauses sprechen möchte: "Herr erhöre mich bitte".

Ein Kind braucht nicht um Erhörung bitten, denn es weiß, daß es alle Zeit gehört wird und allezeit Zugang hat zum Vater (1Joh 5, 15). Dabei wollen wir beachten, daß, so lange das Kind nicht mündig ist, es noch des Vormundes bedarf (Gal 4, 1-2). Das bedeutet: Es versteht noch nicht den vollkommenen Willen des Vaters und betet deshalb auch noch oft "seelisch". Ist es aber dann wahrhaftig erwachsen, dann wird es nicht mehr beten wie ein Kind (1.Kor 13, 11).

Das meint: es wird nicht mehr beten um irdische und seelische Dinge; es weiß, mein Vater sorgt für mich. Es betet viel mehr: Dein Reich komme - Dein Wille geschehe auf Erden wie in den Himmeln. Diese Punkte haben absolute Priorität. Unser tägliches Brot und Ängste vor der Versuchung sind dem Willen des Vaters untergeordnet - Dein Wille geschehe.

In dem Maße als das Kind erwachsen wird, bedarf es auch nicht mehr der äußeren Form des Gebets, sondern es ist ständig in jeder Situation im Gebet, in der Verbindung mit dem Vater. Auch in der Streßsituation oder auf dem Krankenlager erhält es durch die geistige Nabelschnur Lebenskräfte für Geist, Seele und Leib. Anstatt zu bitten und zu flehen, lernt der erwachsene Sohn mehr und mehr Danke zu sagen für alles. Weiß er doch, daß denen, die den Vater lieben und ehren alle Dinge zum besten dienen müssen (Röm 8, 28). Bei dem Manne in Christo, in dem der Heilige Geist die Herrschaft über Seele und Fleisch hat, wird das Gebet sich nur um Dinge drehen, die dem Willen und Wesen des Vaters entsprechen. Solch ein Gebet geschieht dann "in Seinem Namen", in Seinem Willen und nach Seinem Wesen:

Joh 5, 43: "Ich bin gekommen in meines Vaters Namen, und ihr nehmet mich nicht an."

Joh 17, 26: "Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan, auf daß die Liebe, damit du mich liebst, sei in ihnen und ich in ihnen."

 

Christof Konzelmann

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