Das Evangelium Gottes im Römerbrief

 

Kapitel 1

Vers 1: "Paulus, von Christus selbst berufen und ausgesondert, das Evangelium Gottes zu predigen."

Was ist der Inhalt dieser Botschaft, und an wen ist sie gerichtet?

Die Gemeinde in Rom ist keine Gründung von Paulus. Man nimmt an, daß durch die Christenverfolgung unter Claudius (Ap 18, 2) etliche Gläubige auch nach Rom flüchteten und dort durch missionarische Betätigung unter den Römern eine Gemeinde gegründet haben. Wir können auch sagen, daß die Wurzeln ihres geistigen Lebens in der Pfingstpredigt des Petrus zu sehen und zu suchen sind.

Paulus, getrieben durch den Heiligen Geist, ist beauftragt zu verkünden die Botschaft Gottes an Griechen und Nichtgriechen (V. 14). Eine Botschaft, die in den alten Schriften und den Propheten ihren Anfang hat. Schon in 1.Mose 3, 15 wird auf den Erlöser hingewiesen. Diese und alle nachfolgenden Verheißungen haben sich in Jesu Christi erfüllt.

Angesprochen sind also alle Menschen, die in der Gottesferne leben, und durch eigenes Verschulden verloren gingen. Er aber, der Allmächtige, beweist seine Liebe zu den Verlorenen dadurch, daß er ihnen nachgeht und immer wieder zu ihnen spricht. So handelte er schon in den ersten Kapiteln der Bibel. In 1. Mose 4, 7 sucht er Kain auf und spricht zu ihm:

"Ist's nicht also? Wenn du fromm bist, so bist du angenehm, bist du aber nicht fromm, so ruht die Sünde vor der Tür und nach dir hat sie Verlangen, du aber herrsche über sie."

So also lautet der Anfang der Botschaft.

Der Schwerpunkt im ersten Teil des Römerbriefes liegt also auf dem Gebot, auf dem Gesetz, welches unbedingten Gehorsam (Vers 5) dem Schöpfer gegenüber fordert. Die Kainseele, die durch Stolz und Hochmut in der Gottesferne verharrt, muß erst wieder das Zittern vor der "Majestät GOTT" erlernen!

Zu diesem Zweck stellt Gott den Menschen unter das Gesetz.

Lesen wir dazu die Verse 21-31.

Wer nun die Gebote des Gesetzes nicht hält und dagegen verstößt, der ist ein Kind des Todes (Vers 32).

Kapitel 2

Diese Feststellung wird im zweiten Kapitel bekräftigt. Ein Mensch, der mit Furcht und Zittern sich Gott naht, der wird mit ehrlichem, aufrichtigem Herzen versuchen, die Werke des Gesetzes zu tun und in den Geboten zu wandeln. Und sein Schöpfer, der ja seines Herzens Sinn kennt, wird auch sein Wollen honorieren.

Vers 7: "Preis und Ehre und unvergängliches Wesen denen, die mit Geduld und guten Werken trachten nach dem ewigen Leben."

Die anderen aber, die noch hochmütig Gott gegenüber sind, die zänkisch und ungerecht sind und Böses tun, der Wahrheit nicht gehorchen, über solche muß Gott das Gericht kommen lassen.

Vers 9: "Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses tun, vornehmlich der Juden und auch der Heiden."

Eindringlich betont Paulus immer wieder: "Hier ist kein Unterschied zwischen Juden und Heiden."

Alle stehen unter dem Gesetz. Die einen haben Paragraphen und Buchstaben und die anderen in ihrem Gewissen und Herzen. Welche Art von Gesetz nun die bessere ist, darüber brauchen wir nicht zu streiten, denn Paulus selbst gibt schon im nächsten Kapitel Antwort auf diese Frage.

Festhalten wollen wir im Hinblick auf Kapitel 2, daß die guten Werke derer, die noch unter dem Gesetz stehen, wertlos sind. Die Verse 6-10 haben uns gezeigt, daß es eine Gerechtigkeit gibt, die aus dem Gesetz kommt. Wir wollen aber schon hier beachten, daß diese nicht gleich ist jener Gerechtigkeit, die allein vor Gott gilt und Voraussetzung für das ewige Leben ist.

Er, der Allwissende, stellte den Menschen also unter das Gesetz. Daß er dazu die Engel einspannte, diesen Plan auszuführen und zu überwachen, ändert nichts an der Vollkommenheit und Richtigkeit seines Tuns, ganz im Gegenteil! Ich meine, die Engel sind sehr geeignete Handlanger Gottes, um uns Menschen die "Furcht Gottes" wieder beizubringen.

Kapitel 3

Weil das Gesetz vom Sinai nicht nur den Alltag und jene Handlung eines Juden streng regelt, ja sogar in seine Intimsphäre eingreift, deshalb werden ihm fast zwangsläufig Verstöße gegen das Gesetz unterlaufen. Aber genau darin sieht wohl Paulus den Vorteil eines Juden in Bezug auf das "strenge Gesetz" (Vers 2). Sie könnten dadurch viel schneller zu der Einsicht ihrer Unfähigkeit kommen und zu der Erkenntnis, daß sie den Ansprüchen Gottes nicht genügen.

Leider waren es aber immer nur wenige, bei denen das Gesetz diese Auswirkung hatte. Die meisten gewöhnten sich recht schnell an ihr Versagen. Und da ihre Gottesfurcht nicht tief in ihren Herzen begründet war, nahm diese mehr und mehr ab. Ihr Gott und sein Gesetz wurde ihnen immer unerträglicher, und bald fanden sie die fremden Götter viel sympathischer. Welche aber in der Gottesfurcht beharrten, denen kam ihr Herr mit den Anordnungen der Sühnopfer entgegen. Wir finden auch hier wieder bestätigt, was in Sprüche 1, 7 und Sprüche 16, 6 steht:

"Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis."

Wohl ist in diesem Stadium dem Gesetzesbrecher seine sündhafte Natur noch nicht so voll bewußt. Er wird nach der Versöhnung wieder mit neuen Vorsätzen versuchen, seinem Gott zu gefallen. Je unbarmherziger aber seine Gesetzesvorschriften sind, desto häufiger wird er den Weg zum Tempel gehen müssen. Und genau das soll ja das Gesetz bezwecken. Das ist die Regel, nach welcher der Mensch zur Einsicht kommen soll: "Ich bin ein Sünder und unfähig, in der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, zu leben." - Das ist meiner Erkenntnis nach die sinngemäße Aussage der Verse 1-20.

Ein Mensch in dieser Herzensverfassung kommt immer wieder zu seinem Gott mit der Bitte:

"Zeige mir Herr den Weg, hilf mir heraus aus der Not meines Herzens!"

Und genau auf solch ein "Schreien" wartet Gott. Jetzt ist der Zeitpunkt seines Eingreifens gekommen. Wie beschreibt Jes 66, 2 diese Situation:

"Ich sehe an den Elenden und den, der zerbrochenen Geistes ist und sich fürchtet vor meinem Wort! "

Viele Parallelen könnten wir hier anführen.

Das Gesetz hat nun seine Aufgabe als Zuchtmeister und Wegbereiter auf die Gnade hin erfüllt und der Geist des Herrn kann dem Sünder folgende Verse lebendig machen:

Vers 21: "Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart durch das Gesetz und die Propheten."

Vers 22: "Ich sage aber von solcher Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesum Christum zu allen und auf alle, die da glauben!"

Wenn wir jetzt die ersten drei Kapitel noch einmal zusammenfassen, dann können wir sie unter das Motto stellen:

"Sie sind Wegbereitung auf den Messias - Christus hin",

nicht nur für die Juden im Alten Testament sondern auch für die Heiden in der Zeit nach der Himmelfahrt. Nur in diesem Sinne kann ich auch die letzten Verse des 3. Kapitels verstehen.

Vers 28: "So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben."

Kapitel 4

Wir lesen wieder das ganze Kapitel. - Es werden uns Abraham und David als Vorbilder für unseren Glauben vorgestellt.

Für viele "gottgläubige" Menschen ist der Glaube immer noch ein Mysterium. Weil er aber eine wichtige Säule in unserem geistigen Leben darstellt, und, wie der obige Vers aussagt, unsere Gerechtigkeit davon abhängt, ist es sehr wichtig, und darüber Klarheit schenken zu lassen.

Zunächst wird uns Abraham vorgestellt. An seinem Glauben sollen wir uns orientieren. Dazu ist natürlich wieder notwendig, daß wir den Werdegang von seiner Berufung an gründlich nachlesen (1.Mose 12).

Allgemein wissen wir ja über den Glauben, daß er zum 1. eine Gabe Gottes ist (1.Kor 12, 9) und zum 2. eine Frucht des Geistes (Gal 5, 22).

Der Glaube ist entwicklungsfähig. Aus einem anerzogenen (autoritären) Glauben soll ein gewisser Glaube (ohne zu schauen und auf Hoffnung) wachsen. - So war es auch bei Abraham. Zunächst gründete sein Glaube auf seiner Gottesfurcht, und in diesem Glauben verließ er seine Heimat und zog aus in eine ungewisse Zukunft. Er war dem Gebot Gottes gehorsam. Solch ein Glaube wird belohnt, sagt uns Vers 4. Solch ein Glaube ist auch heute vielfach anzutreffen dort, wo noch wirkliche Gottesfurcht vorhanden ist und die Gebote Gottes gelehrt werden. Als Beispiel können uns die "Zeugen Jehovas" dienen. Sie gingen im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber sogar in das KZ und ließen dort vielfach ihr Leben. In diesem Glauben verließ Abram sein Vaterland, und nachdem ihn Gott aufgrund dieses Glaubens gesegnet hatte (1. Mose 12, 2-3), dachte er bestimmt in seinem Herzen, sein Verhältnis zu Gott wäre bestens. Der Allmächtige aber erforschte auch Abram's Herz und sorgte für Gelegenheiten, damit auch seine Schwachheiten offenbar würden (1.Mose 12, 13 und 1.Mose 16, 4). Und Abram erkannte seine Verfehlungen und sein Unvermögen. Er glaubte und vertraute nun auf den Gott der Barmherzigkeit (Röm 4, 5), welcher die Gottlosen gerecht macht. In diesem Wort dürfen wir erkennen, daß sich hier Abram seines sündhaften Zustandes bewußt und der Gnade bedürftig wurde. In diesem Zustand konnte ihn Gott mit dem "H" beschenken (HE 5/1 ist ja bekanntlich das Zahlzeichen für 5 und bedeutet Gnade) 1.Mose 17, 5. Aus dem Abram wurde ein Abraham.

Bei allem Samen Abrahams können wir seither diese Glaubensentwicklung feststellen, bei den Beschnittenen und bei den Unbeschnittenen. Wir müssen darin ein Prinzip erkennen, ohne das die Verheißung nicht erlangt werden kann.

Auch in dem Leben Davids dürfen wir diesen Werdegang erkennen.

Wie vorbildlich scheint uns das Verhältnis Davids zu Gott, wenn wir 2.Sam Kp 7 durchlesen. David bekommt in Vers 11-12 die Verheißung:

"Ich will dir einen Samen erwecken, der soll dir (David) ein Haus bauen, das ewig Bestand hat."

 

Diese Verheißung hätte David nie erlangen können, wenn ihn sein Herr nicht mit Hilfe der Bath-Seba (2. Sam 12, 13) zerbrochen hätte.

Noch ein Vorbild zu diesem Punkte aus dem Neuen Testament:

Die Männer, die Jesus in seine Nachfolge gerufen hatte, waren rechte Israeliter, in denen kein Falsch war (Joh 1, 47).

Als sie des Meisters Ruf vernahmen, waren sie gehorsam, verließen Heim und Freundschaft, um dem nachzufolgen, von dem gesagt wurde, er habe nicht einmal einen Ort da er sein Haupt hinlegen könne.

Wie wir wissen, mußten auch diese frommen und rechtschaffenen Jünger erst durch den Zerbruch, um an Pfingsten mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werden zu können.

Wir wollen uns das Kernstück der Lektion von Kp 4 zusammenfassen, damit es sich uns besser einprägt:

Der "Glaube" unterliegt dem Wachstum!

Der Anfangsglaube Abrahams hatte seine Wurzel in seiner Gottesfurcht. Solch ein Anfangsglaube muß Werke zeitigen, sonst taugt er nichts (Jak 2, 17). Daß er sichtbaren Lohn empfängt, sehen wir an Abraham, David und Israel (5.Mose 5, 30):

"Wenn du meine Worte hältst und tust was ich dir gebiete, so will ich dich segnen."

Daß diese Verheißung nicht nur Israel, sondern auch allen Heiden gilt, wollen viele einfach nicht begreifen, mag Paulus, auch noch öfter wiederholen:

"Da ist kein Unterschied zwischen Juden und Heiden."

Obwohl die Realitäten unserer Tage uns noch langsam die Augen öffnen könnten! - Müßte auf unserer Erde ein Mensch Hunger leiden? Müßten Kriege oder Rüstungen sein? Müßte es Umweltprobleme geben oder eine weltweite Angst vor Aids usw.?

Würde alle Welt die Gebote Gottes halten, dann wäre diese Erde bald wie der Garten Eden.

Der Anfangsglaube und dessen Werke genügen Gottes Ansprüchen nicht. Er hat mehr und Höheres mit dem Menschen und der Schöpfung im Sinn. Er will einen neuen Menschen göttlicher Natur und eine neue Erde, in welche er selbst wohnen kann. Deshalb kann IHM auch keine menschliche Gerechtigkeit genügen. - An dem Vorbilde Abrahams zeigte uns Gott, wie unser Glaube wachsen soll. Nachdem Abram in vertrauendem Glauben auf Gott schaute, wird ihm Erhöhung aus Gnaden zuteil. Sichtbares Zeichen dafür ist das "H" in seinem Namen. In diesem Gnadenakt bekam er auch göttliche Gerechtigkeit und Glauben aus Gott. Dieser befähigt ihn, und allen seinen späteren geistigen Samen, die irdischen Verheißungen zu opfern und Fremdling zu sein auf Erden.

Kapitel 5

Vers 1-2:

"Nun wir sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Durch welchen wir auch Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darin wir stehen und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll."

Wenn ein sündiger Mensch von Gott begnadigt wurde und er das Sühnopfer Jesu Christi für sich im Glauben in Anspruch nehmen konnte, dann ist er in Röm 5, 1 angelangt. Wie erleichtert wird er jetzt aufatmen und von Herzen seinem Gott Dank sagen, daß er endlich seine drückende Sündenlast los ist. Seine Schuld ist letztlich nicht nur bedeckt, wie beim alttestamentarischen Sühnopfer, sondern gänzlich ausgelöscht und getilgt aus den himmlischen Büchern. Er besitzt jetzt eine weiße Weste, ein weißes Kleid, eine Gerechtigkeit, die vor Gott gilt! Jetzt ist die Voraussetzung erfüllt, damit der Vater, der Sohn und der Heilige Geist zu ihm eingehen können und Hochzeit mit ihm machen. Im irdischen Leben sagt man vom Hochzeitstag: "Es war der schönste in meinem Leben."

Schön ist es, wenn ein Gläubiger auch von so einem Tag erzählen kann; das muß dann nicht immer ein Tag mit 24 Stunden sein.

Was geschieht geistigerweise bei so einer geistigen Hochzeit? Paulus redet in Bezug auf diesen Vorgang "von einem Geheimnis".

Zum Verständnis dieses Geheimnisses nimmt er als Modell das Verhältnis zwischen Mann und Frau (Eph 5, 31-32). Wenn sich ein Mann eine Jungfrau zur Braut erwählt, dann tut er das mit der Absicht, eines Tages, bei der Hochzeit, mit ihr ein Fleisch zu werden, um neues Leben mit ihr zu zeugen. Die Brautzeit ist für die erwählte Jungfrau als Zeit der Zubereitung für die Hochzeit wichtig. Deutlich vorgeschattet finden wir diese Phase der geistigen Entwicklung in Esther 2, 12. Auch Offb 19, 7 lesen wir im Zusammenhang mit der Vollerlösung Israels: "...und sein Weib hat sich bereitet."

In den ersten vier Kapiteln des Römerbriefes dürfen wir also diese Vorbereitungszeit für die erwählte Braut sehen.

Das "Einswerden mit ihm, dem Bräutigam" und die Zeugung eines neuen Lebens finden wir dann in Kp 5, 1-6. Wir zitieren aus dem Vers 5:

"Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den Heiligen Geist."

Dieser göttlich-geistige Zeugungsakt wird in der Regel als ein persönliches Erlebnis empfunden und bezeugt. Dabei ist es wichtig zu betonen, daß diese Ausgießung in unser Herz samenkornmäßig erfolgt. Das heißt, die Liebe Gottes und damit auch alle Früchte des Geistes sind samenkornmäßig ausgegossen in unser Herz und Wesen und bedürfen damit der Entwicklung. So wie auch in dem irdischen Modell oder Beispiel der Frau; sie lebt nach der Empfängnis in der Hoffnung. So leben auch wir geistigerweise in der Hoffnung auf das Offenbarwerden der neuen Kreatur (Röm 5, 2).

Den Zeitabschnitt unserer geistigen Schwangerschaft beschreibt dann Paulus in den nachfolgenden Versen und Kapiteln. Es ist eine Zeit der Höhen und Tiefen, des Fallens und Aufstehens. Am Ende von Kapitel 7 ist es endlich soweit. Aus dem Samen ist ein vollkommener Embryo gewachsen und bereit zur Geburt. Die Geburtswehen setzen ein, auch ist der Höhepunkt der Beschwerden erreicht. Paulus beschreibt dies in Röm 7 in den Versen 22-27:

"Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes. Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!"

Wie oft sind wir doch schon vor dem Widerspruch (Paradoxe) gestanden, der scheinbar zwischen diesen Versen und den ersten Versen von Römer 8 besteht! Können wir jetzt Freudenausbruch des Paulus nach der Geburt des neuen göttlichen Lebens besser verstehen. Mit Römer 8 beginnt etwas völlig Neues. Der elende Mensch ist endgültig gestorben. Die Zeit, in welcher unser Glaube so schnell ins Wanken kam, in welcher wir so oft am Boden lagen, scheint endgültig vorbei. Jetzt herrscht eitel Freude. Es hat sich erfüllt, was Jesus in Joh 16, 21 ausgesagt hat:

"Ein Weib, wenn sie gebiert, so hat sie Traurigkeit, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß der Mensch zur Welt geboren ist."

Weil die Auslegung der Kapitel 3 bis 8 wohl für viele Gläubige neu ist, will ich sie noch von einer anderen Perspektive her zeigen.

Wenn ein sündiger Mensch die Versöhnung mit Gott sucht, dann macht er sich auf den Weg, diesem Gott näher zu kommen. Im Alten Testament wird uns dieser Weg an dem Modell "Tempel" anschaulich gezeigt:

Er führt zunächst in den Vorhof des Tempels und zu dem Priester, dem "Mittler". Durch das Opfer auf dem Brandopferaltar erfolgt dann die Bedeckung der Sünde und die Versöhnung mit Gott. Weiter führt dann der Weg des Versöhnten (im AT des Mittlers) durch das Waschbecken zu der Tür in das Heiligtum. Schritt um Schritt geht es weiter durch das Heilige, vorbei an den Schaubroten, dem goldenen Leuchter, zu dem goldenen Altar, dann durch den zerrissenen Vorhang (Mt 57, 51) in das Allerheiligste. Als Regel gilt für diesen Weg, daß kein Teilstück mit einem geschickten Satz übersprungen werden kann. Uns interessiert jetzt nur das Stück Weg von dem Brandopferaltar über das Waschbecken und durch die Tür.

Durch den Glauben an das Opfer Christi, wie es in Röm 4, 25 beschrieben ist, bin ich versöhnt mit Gott. Ich glaube wie Abraham an die Gnade Gottes, welche mich Gottlosen mit der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, beschenkt. Durch diesen Glaubensschritt stehe ich an der Stelle des Weges, die der erste Vers von Kp 5 beschreibt:

"Ich bin versöhnt und habe nun Friede mit Gott durch Jesus Christus."

Das meint: Der Kriegszustand ist beendet, Friede herrscht zwischen Gott und mir (Eph 2, 15 und Kol 1, 20). Aber noch liegt ein Stück Weg vor mir, bis der Friede Gottes in mir "völlig" ist und ich in diesem völligen Frieden wandeln kann (Röm 5, 13).

Bleiben wir aber noch ein wenig bei der Versöhnung stehen. Als Gerechtgemachte sind wir über alle Maßen reich Beschenkte und deshalb auch voller Freude und Dankbarkeit unserem Erlöser gegenüber. Wir haben doch jetzt einen freien Zugang zu der Fülle der Gnaden, das ist: durch Christus, die Tür, hinein in das Heiligtum; so sagt uns ja Röm 5, 2 mit aller Klarheit. Auch die nachfolgenden Verse 3-5 sind jetzt für uns ergreifbare Verheißung. Wir dürfen begründete Hoffnung haben, der geoffenbarten Gnade Jesu Christi teilhaftig zu werden und damit auch seiner zukünftigen Herrlichkeit. - Wer im Glauben mit Geduld diese Verheißung (ohne zu schauen) festhält, der wird auch in Anfechtung und Trübsal diese Hoffnung festhalten, daß sich das Leben Christi in ihm offenbart. Diese Hoffnung, von der hier Gottes Wort spricht, hat keine Fragezeichen. Sie ist vielleicht vergleichbar mit der Empfindung einer Frau, welcher der Arzt eine fragliche Schwangerschaft bestätigt hat. Auf solche Weise bekräftigt der uns gegebene Heilige Geist auch unsere Hoffnung, so daß wir freudig bezeugen können, Sündenvergebung zu haben und in das neue Leben Gezeugte zu sein! Aber obwohl wir dieses Zeugnis haben, sollten wir beachten, daß wir uns, solange wir noch nicht durch die Tür in das Heiligtum gelangt sind, immer noch in dem Vorhof des Tempels befinden, wo das Gesetz noch Gültigkeit hat. Deshalb Röm 5, 20:

"Das Gesetz aber ist nebeneingekommen, auf daß die Sünde mächtiger würde. Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade viel mächtiger geworden."

Noch hängt uns also das Gesetz an. Das Ziel der Liebe Gottes ist aber eine völlige Erlösung von dem Gesetz. Die Wegstrecke weiter, durch das Waschbecken und durch die Tür, will uns in der Vorschattung zeigen, wie wir auch dieses Anhängsel von Gesetz vollends verlieren.

Wir fragen uns noch einmal, was möchte Paulus den Römern im 6. und 7. Kapitel sagen? Als erstes will er wohl das Erlebte in Kp 5, 1-6 durch Wiederholung bekräftigen. Denn es ist ihm bewußt, daß der Feind mit allen Mitteln versucht, dem Bekehrten den göttlichen Samen zu rauben oder in Frage zu stellen. Die Wegstrecke von dem Gerechtgewordensein bis zum Durchgang durch die Tür ist ja besonders geprägt durch unser wiederholtes Fallen und Wiederaufstehen. Bei dem einen ist diese Strecke kurz, bei dem andern länger. Viele kommen zu Lebzeiten nicht in den Stand von Römer 8.

Der Gläubige bedarf also auf diesem Teil des Weges des besonders intensiven Zuspruchs. Welcher Jünger Jesu hat nicht selbst erlebt und es durchlitten, wie ihm zumute war, als er so in seiner Schwachheit am Boden lag und der Feind kam, der ihm seine Erlösung streitig machte und ihm die vergebene Schuld immer wieder vor die Augen rückte. In solcher Situation kann einem das Anschauungsbeispiel vom Waschbecken zur Stärkung, ja zum Erlebnis werden. So wie du bei einem irdischen Reinigungsbad deinen Schmutz abgewaschen hast, noch viel gründlicher hat das Blut Jesu dich abgewaschen und deinen Sündenschmutz versenkt in der Tiefe des Meeres. Das hat der Prophet Mich 7, 19 dem Volke Israel verheißen und dies gilt auch den Römern.

Kapitel 7, 1-6 will das Gleiche bewirken:

Der Glaube wird so geläutert und gefestigt, daß er auch in der Anfechtung diese Wahrheit festhalten kann. Kann er das, dann meine ich, ist der geistige Embryo lebensfähig und kann geboren werden.

Beispiel: Die meisten älteren Seelsorger dürften schon erlebt haben, wie an Jahren alte Glaubensgeschwister zu ihnen kamen, geplagt von einem bösen Gewissen. Es mangelte ihnen an Frieden. Sie meinen, bei ihrer Bekehrung vielleicht diese oder jene kleinere Jugendsünde vergessen oder sie nicht einem Bruder bekannt zu haben. Nun sind sie hinaus auf das Meer gefahren und haben wieder nach den versenkten Sünden gefischt!

An welcher Stelle des Weges zur Vollerlösung befindet sich denn so ein Gläubiger? Wird hier nicht ein Mangel an Glauben offenbar?

Zu dieser Situation spricht Gott im Hebräerbrief.

Hebr 10, 22:

"So lasset uns nun hinausgehen mit wahrhaftigem Herzen und völligem Glauben, besprengt in unseren Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leibe mit reinem Wasser."

Wenn wir noch einmal die drei Kapitel 5-7 inhaltlich überdenken und sie dann mit dem gelesenen Vers aus dem Hebräerbrief vergleichen, dann müssen wir einfach staunend feststellen: Die lange und ausführliche Predigt in den drei Römerkapiteln ist hier von Paulus auf das Kürzeste zusammengefaßt.

Für einen Menschen, der Gnade gefunden hat, ist also der Durchgang durch das eherne Waschbecken vergleichbar mit einem Glaubensschritt in Richtung Ziel.

Die Verse 7-16 wollen uns den Stellenwert des Gesetzes im Heilsplan Gottes zeigen.

Solange es noch einen Sünder auf dieser Welt gibt, solange ist das Gesetz heilig, gerecht und gut und unersetzlich als Zuchtmeister auf die Gnade hin.

Zu den Versen 16-25:

Nachdem sich aber nun in mir das neue göttliche Leben regt und ich von ganzem Herzen die Früchte des Geistes bringen möchte und seine Anregungen tun will, verspüre ich so deutlich wie noch nie den Widerspruch zwischen meiner alten Natur und der neu gezeugten!

In diesem Kampf zwischen Gut und Böse wird mir meine Erbärmlichkeit und Schwachheit immer bewußter. "Mein" Können, "meine" Kraft, mein ganzes "Ich" ist auf dem Nullpunkt, von dem erwarte ich gar nichts mehr. Jetzt kann nach 1.Petr 5, 5 Gottes Gnade wirksam werden.

Ich fühle mich so richtig als elender Mensch, obwohl ich doch weiß, daß meine Sünden vergeben sind. Aber nur so bin ich ja in der rechten Verfassung, damit die Kraft Gottes und Christi sich in mir auswirken kann, wie in 2.Kor 12, 9-10 geschrieben steht:

"Denn seine Kraft ist in den Schwachen mächtig und wenn ich schwach bin, werde ich stark."

Das "Heilige" in mir fordert mich nun genauso auf, wie damals den Paulus, schau auf die Erlösungsgnade. Diese Gnade erlöst dich völlig nach Geist, Seele und Leib (Vers 25).

Sein Sieg ist auch dein Sieg! - Und nachdem du wieder im Glauben diesen seinen Sieg wirklich voll für dich persönlich in Anspruch nehmen kannst, führt dich dieser neuerliche Glaubensschritt durch die Enge, durch die Tür, in ein engeres Verhältnis mit Gott.

Du befindest dich jetzt in dem Kapitel 8, bist wiedergeboren oder aufgehauptet, bist ein lebendiges Glied am Leibe Christi!

Kapitel 8

Wie erleben wir nun den Unterschied zwischen Kapitel 7 und Kapitel 8 in der Praxis? Vielleicht kann ich es an 3 Beispielen zeigen:

1. Nach dem Bekehrungserlebnis (Röm 5) und den ersten Erfolgen über manche Gebundenheit fühlte ich mich doch schon ein wenig als Überwinder. Nachdem sich aber wieder Niederlagen einstellten und diese sich eher häuften als daß sie abnahmen, da fiel mir das Aufstehen nach einem Fall immer schwerer und dauerte länger. Meine Schwachheit wurde zur Last, die mich am Boden hielt.

Als ich in der Stellung von Röm 8 in den gleichen Fehler fiel, ward ich wohl betrübt, vermochte aber bald durch das Wissen, daß ich mit meiner Schwachheit ja gestorben bin, aufzustehen. Auf IHN schauen, seine Kraft in mir rühmen, Seinen Sieg für mich nehmen und dafür loben und danken. So wurde seine Last leicht und der Glaubenskampf durfte wieder Siege verzeichnen.

2. Wenn vor Kapitel 8 uns der gute Hirte durch mancherlei Trübsal, dunkle Täler und Anfechtungen geführt hat, wie haben wir da geklagt! Oft, ja dauernd haben wir doch gebetet: "Herr, erlöse uns von diesem Übel, nimm mir doch diesen Pfahl aus dem Fleisch!"

Aber nun, als Glieder an seinem Leibe, wissen wir, daß der Jünger den gleichen Weg geht wie der Meister, und wir praktizieren den Vers 28, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. In dieser geistigen Stellung und Haltung ist nichts Verdammliches mehr an denen, die in Christo Jesu sind!

3. Vor Kapitel 8 kann ein Nachfolger noch abfallen und im Glauben Schiffbruch erleiden, und zwar deshalb, weil sein Glaube, sein Tun, sein Können eine noch zu große Rolle spielten. Unser unerkannter Hochmut hat Gott oft gehindert, und er mußte diesen erst aus dem Wege räumen. Nachdem aber nun in Röm 8 unsere Kraft nicht mehr zählt, sagen wir durch die Gnade, Vers 38:

"Nichts kann uns mehr scheiden vom Haupte, von der Liebe Gottes weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges!"

Diese durch göttliche Kraft in uns gezeugte und geborene neue Natur wirkt in uns auf die Weise, wie sie Jesus in Mt 13, 33 so verständlich beschreibt: Das Neugeborene, das Himmelreich, ist gleich dem Sauerteig, gelegt in unser altes, verderbtes Wesen. Er gibt nicht Ruhe, bis der ganze Teig, nämlich Geist, Seele und Leib, durchsäuert ist. Diese Tatsache will uns Paulus mit den Versen Röm 8, 10-14 zeigen.

Dieser sogenannte "Durchsäuerungsprozeß" ist also gar nichts Neues, sondern identisch mit dem, was wir bislang unter "Heiligung" verstehen. Um dasselbe geht es, wenn uns Gott in seinem Wort immer wieder ermahnt, zuzunehmen in allen Stücken oder vom Kinde zum Manne zu wachsen.

Unter "Heiligung" wird leider vielerorts noch verstanden, daß das Kind sich nun daran machen muß, mit Hilfe der neuen Kreatur den alten Menschen, die fleischliche Natur zu verbessern oder zu veredeln. Mit allem Nachdruck will ich sagen, so ist es nicht gemeint. Wenn dies nämlich möglich wäre, hätte Christus nicht für uns sterben müssen. Wer der Meinung ist, seinen alten Adam mit Hilfe seines Heilandes veredeln zu können, verfällt oft, ohne daß er sich dessen bewußt ist, in "Selbsterlösung". Solch ein Tun ist fleischlich und widerspricht der Lehre von der Erlösung aus Gnaden.

Der alte Mensch, unser Fleisch, kann nur durch "Sterben", durch den Tod, erlöst werden.

Wenn Paulus an Timotheus schreibt (2.Tim 2, 11):

"Sterben wir mit, so werden wir mitleben",

dann bezieht er diese Aussage meiner Meinung nach nicht nur auf das "Mitgestorbensein" auf Golgatha, sondern auch auf das Sterben des alten Adam in der jetzt gegenwärtigen Wirklichkeit. Solch "Sterben" bedeutet auch Verzicht auf die Verheißung im gegenwärtigen Äon und kommt dem Opfer Abrahams gleich, als dieser die Frucht der Verheißung in Isaak opferte. Nur Glieder am Leibe Christi sind würdig und fähig, solch Erstlingsopfer zu bringen. Wir dürfen hier nicht weitermachen, denn dies ist wiederum "ein Geheimnis" und würde den Rahmen dieser Betrachtung sprengen. Zurück zu Röm 8, 11:

"Wenn nun der Geist des, der Jesum von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird auch derselbe, der Christum von den Toten auferweckt hat, eure sterblichen Leiber lebendig machen um deswillen, daß sein Geist in euch wohnt."

Wir wissen, daß der Geist Gottes seit der Wiedergeburt in uns bleibend wohnt und nur dies ist der Garant dafür, daß unser Fleisch zwar sterben muß, aber nur vorübergehend. Es wird uns in Christi Herrlichkeit wieder erweckt werden. Wie vorstehend schon erwähnt, nannten wir diesen Sterbensprozeß auch "Heiligung". Wie verläuft nun solche Heiligung in unserem Alltag, wenn darunter nicht eine Verbesserung des Fleisches gemeint ist?

Über dieses Thema gibt es auf dem christlichen Büchermarkt viele Werke. Ich kann mich deshalb in der Beantwortung dieser wichtigen Frage kurz halten und will mit einem Beispiel zeigen, wie ich die Antwort verstehe:

Betrachten wir das Gespann "Reiter und Pferd". Wenn beide ein bestimmtes Ziel erreichen wollen, dann muß der Reiter das Tun und den Weg des Pferdes bestimmen. Nur unter dieser Voraussetzung können sie in der kürzesten Zeit das Ziel erlangen! - Das Neue in uns, der Heilige Geist, ist der Reiter. Er will mehr und mehr die Führung in unserem Leben und Alltag übernehmen. Das kann er aber nur in dem Maße, als wir unseren Willen seinem Willen unterstellen. Diese überaus wichtige Regel kommt in dem Vers 14 zum Ausdruck:

"Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gotteskinder".

Kapitel 9

Verse 1-4: "Ich sage die Wahrheit in Christo und lüge nicht, wie mir Zeugnis gibt mein Gewissen in dem heiligen Geist, daß ich große Traurigkeit und Schmerzen in meinem Herzen habe. Ich habe gewünscht, verbannt zu sein von Christo für meine Brüder, die meine Gefreundeten sind nach dem Fleisch, die da sind von Israel, welchen gehört die Kindschaft und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen."

Jedes Gotteskind, in dessen Herz das Samenkorn der göttlichen Liebe gelegt wurde, welches dann auch zur Ausgeburt gelangen durfte, wird das gleiche Wünschen für seinen Nächsten im Herzen verspüren wie Paulus.

Der Segen, mit dem Gott Abraham gesegnet hatte (1.Mose 12, 1-3):

"Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein",

wird ja jedem Kind Gottes als dem geistigen Samen Abrahams zuteil (Gal 3, 9). Sinngemäß bestätigt dies ja Jesus in Mt 5, 14, wenn er sagt:

"Ihr seid das Licht der Welt."

Paulus fühlte sich für seine Blutsverwandten und damit für seine irdische Haushaltung verantwortlich. So sollten auch wir uns für unsere Nächsten und Haushaltungen vor Gott verantwortlich fühlen. Daß wir nun diese Sorgen und Wünsche in der Fürbitte vor den Thron Gottes bringen ist selbstverständlich. Es macht uns aber oft Not, daß wir so wenig von der Erhörung unserer Bitten sehen. - Wie erging es da Paulus? Die Antwort auf diese Frage gibt uns der Römerbrief in den Kapiteln 9, 10 und 11.

Zunächst stellt er einmal klar:

Diejenigen, für die ich jetzt vom Vater zum Segensträger gesetzt bin, sie seien Juden oder Griechen, sind nach der gleichen Regel, nach der ich gesegnet wurde, auch Gesegnete und in den neuen Bund Genommene. Es gehört ihnen damit das Gesetz, die Kindschaft und die Verheißungen. Also, dem Israel damals und dem Israel heute gehören nicht nur irdische, sondern die ganze Fülle der Verheißung. Als Mose kurz vor seinem Tode den Segen Abrahams an die 12 Stämme weitergab (5.Mose 33, 3), sah er im Geiste

"...wie das Volk sitzen wird zu SEINEN Füßen und lernen von SEINEN Worten."

Dies wird sich in der kommenden tausendjährigen Friedenszeit erfüllen, wie es Hesekiel uns ja so anschaulich im 47. Kapitel schildert. Wir wollen auf diese Schau etwas näher eingehen, denn sie gilt nicht nur für Israel, sondern auch für die Nationen.

So wie Hes 37 uns die ganze Wiederwerdung Israels zeigt, von der Staatsgründung bis zum Ende der Friedenszeit (Hochzeit des Lammes mit Israel), zeigt uns Gott in den nachfolgenden Kapiteln die einzelnen Details der Herstellung und Errettung Israels. Es ist weitverbreitete Erkenntnis in der Gemeinde, daß das heutige Volk Israel, welches aus der Zerstreuung wieder gesammelt wurde und als VoIk in einer Nacht geboren worden ist (Jes 66, 8), in allernächster Zeit durch große Drangsal geführt wird.

Diese Trübsal schildern die Kapitel 38 und 39. In den Kapiteln 40-46 geht es dann um den Bau des neuen Tempels, seine Beschreibung, seine Maße. Er beschreibt auch die Priester, ihre Gesetze und Opfervor-schriften. - Alles das muß vorher geschehen, damit sich dann der Segen Mose mit Kapitel 47 erfüllen kann.

Wir lesen jetzt das ganze Kapitel Hes 47 für uns durch.

Unter der Schwelle des Tempels heraus fließt ein lebendigmachendes Wasser (Ps 1, 3; Jer 17, 8).

Jer 17, 8: "Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, das gerät wohl."

Diese "Bäume", gleich Hirten und Priester Gottes, sind vom Geiste gesalbt und sie werden die Früchte bringen, die der große Gärtner von ihnen erwarten darf. Durch ihre Frucht werden viele gestärkt und ihre Worte (Blätter) werden viele zur Gesundung führen, denn ihr Evangelium ist Arznei für das Volk.

Auch alle die anderen Wasser, das meint: Alle nicht in das Leben führenden Weltanschauungen und Religionen, die mit dem lebendigen Wasser Gottes in Berührung kommen, werden gesunden. Viele Fische (Menschen), auch solche die bislang fremden Göttern nachgefolgt waren, werden sich zu dem Allerhöchsten bekehren und leben.

Wichtig scheint mir, daß sie sich nach der gleichen Regel bekehren, sie seien Juden oder Nationen. Diese Regel schildert Jesu in Mt 13, 3-8, Paulus im Römerbrief und Hesekiel hier im 47. Kapitel.

In Vers 3, den ersten tausend Ellen wird der Mensch mit dem Evangelium in Berührung gebracht. An dem noch steinigen Ackerboden des Herzens übt das Gesetz seine bearbeitende Wirkung aus.

Vers 4: Bei dem Durchgang durch die zweiten tausend Ellen, welche das mit noch viel Dornen bewachsene Herz darstellt, geht diese Zubereitung des Herzens intensiv weiter. Der Zuchtmeister Gesetz herrscht hier immer noch mit eiserner Rute (Offb 2, 27 und 19, 15).

Die nächsten tausend Ellen führen in das Wasser, daß es bis an die Lenden geht. Jetzt endlich kann das Evangelium, das Wort Gottes, auf guten Ackerboden fallen. Es kommt zu der Erkenntnis, die Paulus in Röm 5, 1 beschreibt. Gott kann die Decke der Verstockung von den Augen des Sünders nehmen und dieser darf erkennen, daß er nur aus Gnaden und im Vertrauen auf den Gott Abrahams, welcher durch das Opfer Christi die Gottlosen gerecht macht, errettet werden kann (Röm 4, 5). Aber noch weiter wird der Mensch hineingeführt in das Wasser.

In den vierten tausend Ellen erkennt der Mensch sein völliges Unvermögen. Er kann nicht mehr gründen, vermag nichts mehr aus eigener Kraft, erkennt den "elenden alten Adam" und lebt nun allein aus Gnaden. Damit ist er wieder in Römer 8 angelangt. Als Kind Gottes und Erbe der Verheißung wird er seine Frucht bringen 30- 60- 100-fältig.

Auf diesem Wege also erlangen die Gefreundeten des Paulus, das Volk der Wahl (Vers 11), die Verheißung. Zu dieser Auswahl zählen aber nicht nur der Same Jakobs, sondern auch der Same Isaaks. Das meint: nicht nur Juden, sondern auch Heiden. Es ist dies die gleiche auserwählte Schar, die Paulus auch in Eph 1, 3-6 anspricht. Nach welchem Kriterium hat nun Gott erwählt oder verstockt? - Und wie sollen wir die Verse 15-16 verstehen:

"Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich. So liegt es nun nicht an Jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen, usw."

Werden wir nicht in der übrigen heiligen Schrift laufend aufgefordert,

"zu wollen, und nachzujagen, also zu laufen."

Es scheint mir nicht einfach, die Antwort auf diesen scheinbaren Widerspruch, im Rahmen dieser kurzen Abhandlung, verständlich zu machen. Versuchen wir es trotzdem.

Zunächst gilt es, den Grundsatz, der für jede Wortauslegung gilt, zu beachten, nämlich das Wort in dem Zusammenhang zu sehen, in dem es steht! - Es geht in diesem Kapitel 9 um die derzeitige Verstockung Israels! Das Volk der Juden ist und bleibt für uns das Standard-Vorbild, an dem wir das Tun Gottes sehen und verstehen lernen sollen.

Warum hat Gott den Samen Jakobs erwählt und nicht den Samen Esaus? Antwort: Gott erforschte ihr Herz, bevor sie im Mutterleibe gebildet wurden. Diese Antwort drängt uns logischerweise die nächste Frage auf: Ja hat denn der Esau schon vor seiner irdischen Geburt als Geschöpf Gottes existiert?

Diese Frage habe ich bewußt gestellt, will aber deren Beantwortung dem Leser überlassen, da sie ja für unser Heil nicht von Bedeutung ist. Wichtiger scheint mir zu sein: Hat Gott gerecht gehandelt, wenn er jetzt schon bald 2000 Jahre Israel verstoßen und verstockt hat? Ja, sagen wir, denn sie wollten ja nicht und sie liefen ja nicht in seinen Geboten! Demnach mußte Gott sie, schon um seiner Gerechtigkeit willen, verstocken und verstoßen, um das so oft angedrohte Gericht vollstrecken zu können (Mt 13, 15).

Wenn aber in der nächsten Zukunft das Erbarmen Gottes sich ihnen wieder zuwendet, dann geschieht dies nicht nur aufgrund ihres Wollens oder Laufens, sondern allein weil Gott sie lieb hat und ihnen wieder eine Chance gibt. Hat er ihnen aber die Decke von den Augen genommen,

dann ist auch wieder ihr Wollen und Laufen gefordert.

Die zweite Hälfte des 9. Kapitels wiederholt noch einmal, was wir in der ersten Hälfte erkennen durften. So wollen auch wir zur Bekräftigung das Erkannte mit dem Beispiel vom Bau des Tempels noch einmal belegen:

Wenn Gott, der große Baumeister, in den Steinbruch (Menschheit) geht, um sich Rohlinge für den Bau des Tempels auszuwählen, dann nimmt er nicht willkürlich und wahllos irgendwelche, sondern nur solche, von denen er erwarten kann, daß sie sich in der dafür vorgesehenen Zeit auch maßgerecht bearbeiten lassen.

Sind die Auserwählten dann zubereitet, dann werden sie, wie geschrieben steht, im siebten Jahr, ohne daß ein weiterer Hammerschlag notwendig ist, in den Bau sich einfügen lassen (1.Kö 5, 7)!

Und wieder betont Paulus: Bei dieser Auswahl und Zubereitung spielt die Volkszugehörigkeit keine Rolle (Vers 24)!

Vers 28: Diesen, in der Lutherübersetzung nur sehr schwer verständlichen Vers, möchte ich mit Hilfe der Interlinearübersetzung griechisch - deutsch von Nestle-Aland sinngemäß wie folgt übersetzen:

"Das Wort der Verheißung wird sich bei dem einen in Erfüllung, bei dem Andern verkürzend (im Sinne von weniger oder später) auswirken. Der Herr steuert bewußt dieses Geschehen auf Erden."

Kapitel 10

Dieses Kapitel hat in der Lutherübersetzung nachstehende Inhaltsangabe:

"Die Juden haben ihre eigene Gerechtigkeit gesucht und darum die Gerechtigkeit aus dem Glauben nicht gefunden."

Paulus aber bleibt beständig in der Fürbitte für seine Brüder vor Gott stehen, damit sie selig werden. Auch in diesem anhaltenden Stehenbleiben vor Gott ist Paulus für uns das große Vorbild. Denn wie wir schon sagten: Der Weg, auf dem das Bundesvolk eines Tages das Heil finden wird, ist der gleiche wie für die Heiden (Vers 12).

Schwerpunkt des Kapitels: "Das Evangelium Gottes muß dem Volk richtig gepredigt werden, denn der Glaube kommt aus der Predigt."

Bevor wir aber "richtig" predigen können, müssen wir selbst erst das rechte Verständnis haben. Prüfen wir unser Verständnis des Römerbriefes an dem Vers 10:

"Denn so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht (lt. Röm 5, 11; und so man mit dem Munde bekennt (nachjagt der Heiligung), so wird voll errettet (Röm 8)!"

Kapitel 11

Wenn wir hören, daß es bibeltreue Prediger gibt, die da lehren: "Gott hat sein Volk verstoßen", dann scheint uns solche Auslegung, nach dem Lesen der ersten Verse, unmöglich.

Wenn wir die Frage stellen: "Hat Gott Israel und den Heiden das gleiche Verheißungsziel geschenkt?", dann bekommen wir ebenfalls grundverschiedene Antworten.

Welchen Stellenwert hat bei dir, lieber Leser, die wiederholte Betonung des Wortes:

"hier ist weder Jude noch Grieche"?

Das Kapitel 11 zeigt uns das Verheißungsziel im Evangelium Gottes, gültig für alle Menschen, an dem Bilde des Ölbaumes.

Es ist ein treffendes Bild für die organisch gewachsene Heilsgemeinschaft. Wir haben diese ja schon in Kapitel 9 unter dem Begriff "Tempel Gottes" kennengelernt. Für diese Gemeinschaft sind uns auch noch andere Bezeichnungen aus der Schrift bekannt. Wenn der Zusammenhang den Schwerpunkt auf organische Einheit legt, dann redet Paulus auch von einem Leibe, an dem viele Glieder sind. Liegt aber der Schwerpunkt auf der zukünftigen Heimat, dann redet er vom Reich Gottes, vom Haus Gottes oder vom Himmelreich.

In den letzten Kapiteln des Briefes werden die Adressaten als Glieder am Leib Christi angesprochen (Röm 12, 4) und in Kapitel 14, 17 als Bürger im Reiche Gottes.

Gott hat also sein Volk zu keiner Zeit verstoßen, denn der durch die Erzväter vererbte Same der Verheißung bildete immer den Wurzelstock des Ölbaumes. Selbst dann, als das halsstarrige und fleischlich gesinnte Israel viele ansehnliche wilde Triebe entwickelte. So war es auch in der Zeit, von der die Verse 3-5 reden!

Der wilde Trieb hatte damals solche Form angenommen, daß Elia den "kleinen edlen Überrest" nicht mehr sehen konnte.

Wie trostreich für uns zu wissen, daß wir einen solchen Souverän als Gärtner haben, der über seine Pflanzung wacht und die wilden Triebe zur rechten Zeit abschneidet (Jer 11, 16; Jer 2, 21). Die edle, zarte Rute aber bewacht und pflegt er, so daß, als die Zeit erfüllet war, daraus ein gesunder Stamm und edler Ölbaum wachsen konnte. Leider brachte aber der Weinstock Israel, auch zu jener Zeit, als der Sohn Gottes Fleisch wurde, wenig gute Frucht. Die meisten seiner Zweige mußten wieder abgeschnitten werden!

Beachten wir aber den Vers 17: "Ob aber nun etliche von den Zweig ausgebrochen sind und du, da du ein wilder Ölbaum warst, bist unter sie gepfropft und teilhaftig geworden der Wurzel und des Saftes im Ölbaum."

Diese Zweige sind nicht ausgebrochen worden, weil sie halt zur Unehre geschaffen wurden, sondern um ihres Unglaubens willen (Vers 20).

Diese Worte redet Paulus uns, denen aus den Heiden, ins Gewissen!

Aus der heutigen christlichen Verkündigung ist uns wohl bekannt, daß Gott nicht nur bei den Juden Triebe ausschneidet, sondern auch bei der glaubenden Gemeinde. Oft muß auch noch der Stamm "verkürzt" werden (siehe Auslegung von Röm 9, 28).

Wie wird der Allmächtige wohl unser deutsches Volk behandeln müssen? Oder hat Gott für uns Deutsche einen Extraweg? Gilt nicht auch hier: "Da ist weder Jude noch Grieche!"

Hat Gott nicht auch uns Jahrhunderte lang sein Wort predigen lassen! Haben nicht auch bei uns viele Generationen schon in der Schule die christliche Religion gelehrt bekommen! Werden wir nicht sogar eine christliche Nation genannt! - Wie viele, oder besser, wie wenige Zweige konnten von unserer Nation bislang eingepfropft werden in den edlen Ölbaum?

Wenn wir diesen Tatbestand bedenken, dann wird uns klar: Gott muß uns nach derselben Regel behandeln und beschneiden wie seinen Erstling Israel, auf daß auch einmal das gerufene deutsche Volk die Verheißung erlange.

Vers 32: "Denn Gott hat alle beschlossen unter den Unglauben, auf daß er sich aller erbarme."

Vers 33: "O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und Erkenntnis."

Verse 1-2: "Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber gebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei, welches sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Und stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, wohlgefällige und vollkommene Gotteswille."

Wir wollen uns erst wieder die Frage stellen, wen spricht Paulus mit "liebe Brüder" an, den Bruder nach dem Geist oder auch den Bruder nach dem Fleisch?

Ich meine, beide. Denn seine Forderung:

"Gebet eure Leiber zum Opfer! "

ist für beide gleichermaßen wichtig. Wir durften ja lernen, wenn ein sündiger Mensch in die selige Gottesgemeinschaft gelangen will, dann muß er sich auf einen Weg machen, der nur schrittweise gegangen werden kann. Für jedes Vorwärtskommen auf diesem Wege gilt aber die Voraussetzung

"des Ganzopfers"!

Über den ersten Abschnitt des Römerbriefes, die ersten vier Kapitel, können wir das Motto schreiben: Nur wer von ganzem Herzen mit Gott ins Reine kommen will, mit allen Kräften versucht die Gebote zu halten, der kommt auch eines Tages zur Sündenerkenntnis.

Für den zweiten Abschnitt gilt dies ebenfalls: Nur eine ganze Umkehr, eine ganze Buße und Bekehrung führt den gläubig gewordenen zu der Erkenntnis von Römer 7!

Genauso fordert auch der dritte Abschnitt, der Heiligungsweg, ein Ganzopfer, eine ganze Übergabe, wenn man das Ziel, das Kleinod erlangen will (Phil 3, 14).

Jeder Mensch, er sei Jude oder Grieche, der bereit ist, in diesem Sinne alles zu opfer, wird auch laut dem Wort Gottes das Ziel erlangen.

Der zweite Vers fordert uns auf, den Willen zu Gottes prüfen, um urteilen zu können, wann und welcher Wille Gottes Gültigkeit hat. Was ist damit gemeint?

Gibt es nicht nur einen Willen Gottes, und ist dieser nicht für alle Menschen der gleiche? Mit einem Beispiel wollen wir es uns wieder erklären lassen:

Ein Fabrikbesitzer hat drei Söhne. Der Jüngste ist fünf Jahre alt, der Zweite 15 Jahre und der Dritte schon 21 Jahre. Im Blick auf das Ergehen seiner Kinder ist der Wille des Vaters nur einer, er möchte, daß alle drei sich gut entwickeln, damit sie einmal, wenn sie erwachsen sind, auch Stellungen einnehmen können, die er ihnen zugedacht hat. Im Blick aber auf den einzelnen Sohn wirkt sich sein Wollen und seine Forderung ganz verschieden aus. Von dem Kinde verlangt er natürlich nicht, daß es arbeiten und Lasten tragen soll.

Von dem Jüngling fordert und erwartet er, daß dieser in der Schule fleißig lernt. Mit dem erwachsenen Sohn aber kann er schon über seine Geschäftspläne reden und ihm auch einen Teil seiner Arbeit und seiner Sorgen aufladen.

Wir verstehen jetzt: Der Wille Gottes ist in seiner Auswirkung dreiteilig:

gut, wohlgefällig und vollkommen.

Auch von dieser Perspektive aus wollen wir den Römerbrief noch einmal überblicken:

Im ersten Abschnitt will Gott, daß der Mensch ihn fürchten lernt, IHM gehorsam ist und alle seine Gebote hält. Hier herrscht noch das Gesetz. Das ist eine g u t e Einrichtung (Röm 7, 12).

Im zweiten Abschnitt will Gott, daß der Mensch Buße tut, seinen Hochmut zerbricht und er ein verlorener Sohn wird, der nach des Vaters Gnade verlangt. Ist der Mensch in dieser Herzensgesinnung, dann ruht das W o h 1 g e f a l l e n Gottes auf ihm.

Im dritten Abschnitt will Gott, daß dieser Wiedergeborene nun Frucht für das ewige Leben bringt, und daß er bereit ist, sein Kreuz auf sich zu nehmen. Und die Verheißung zu opfern. Paulus schreibt in Phil 3, 15:

"Wie viele nun unser v o 11 k o m m e n sind, die lasset uns also gesinnt sein."

Und in Hebr 5, 14:

"Den V o 1 1 k o m m e n e n gehört starke Speise."

Jeder der Söhne bekommt also von seinem Vater ganz individuelle Anweisungen. Darüber hinaus erteilt aber der Vater seiner Familie auch allgemeine Ermahnungen, die für alle gleichermaßen Gültigkeit haben. Weiß er doch, daß die beste Voraussetzung für ein gesundes Wachstum seiner Kinder ein harmonisches Familienleben ist. So auch unser himmlischer Vater. Er erteilte seinem Knecht Paulus den Auftrag an seine Großfamilie in den Kapiteln 12-15 seine allgemeinen Ermahnungen mitzuteilen.

Unter diesem Gesichtspunkt wollen wir die nächsten vier Kapitel (Kp 12-15) durchlesen.

Zunächst wird wieder mit dem Begriff vom "Leib" auf die enge Zusammengehörigkeit hingewiesen, dann auf die Tatsache, daß nicht jeder die gleichen Gaben haben kann, sondern diese dem Glauben gemäß verschieden sein müssen. Daraus resultiert, daß auch nicht jeder den gleichen Auftrag hat. Die Königin unter allen Ermahnungen ist auch hier, wie wir dies schon aus dem Korintherbrief kennen, die Aufforderung, die Bruderliebe zu praktizieren. Ist diese nämlich vorhanden, dann regelt sich das Verhältnis zwischen den Starken und den Schwachen (Kp 15, 1), zwischen Jungen und Alten von alleine. Ist diese Liebe aber nur minimal entwickelt, dann weiß der Jüngling alles viel besser als sein älterer Bruder. Auch ist seine Gabe dann die bessere und die des anderen Bruders taugt nicht viel, sie ist nicht einmal schriftgemäß. Hier ließe sich noch viel auflisten, deshalb nur noch einen Hinweis auf nachstehende Ermahnung, sie steht in Kapitel 14, 10:

"Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder, du anderer, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor dem Richterstuhl Christi gestellt werden!"

Oberflächlich betrachtet sollte sich diese Ermahnung in der Praxis leicht realisieren lassen. Wer aber unter uns Erfahrung hat und Gesprächsrunden mit Brüdern aus verschiedenen Erkenntnisrichtungen erlebt hat, weiß, wie selten nach dieser Forderung getan wird, wie schnell der eine des andern Erkenntnis als falsch abtun kann. Dabei rechtfertigt er noch sein Verhalten vor sich selbst mit einem Wort aus dem gleichen Kapitel, es steht in Vers 5:

"Ein jeder sei seiner Meinung gewiß,"

Ist es nicht so, je länger ich schon meiner Meinung gewiß bin, desto nachhaltiger glaube ich, diese von mir erkannte Wahrheit auch vertreten zu müssen. Und wie ich das so schreibe, kommt mir eine andere Ermahnung in den Sinn:

"Ein jeder prüfe sich selbst."

Und auch dies sagt sich wieder so leicht, solange ich dabei mehr an den anderen als an mich denke.

Sich selbst prüfen kann nur, wer im vollkommenen Willen Gottes wandelt. In welchem das "Neue", der heilige Geist das Regiment über Seele und Geist ausübt, so, wir das in der Auslegung von Kapitel 8 geschildert haben. Damit will ich aber nicht sagen, daß sich nicht auch ein "Kind im Glauben" in der Selbstprüfung üben soll. Im Gegenteil, nur Übung macht bekanntlich den Meister.

Als ich ein "Kind" war, hielt ich viel auf meine Gefühle, Eingebungen und Träume. Meine Selbstprüfung brachte mir damals manches falsche Resultat. Aber dennoch darf ich heute bezeugen:

"Eine jede Rebe, die da Frucht bringt, wird er beschneiden, daß sie mehr Frucht bringt."

Kapitel 13

Ein Wort aus der Bergpredigt ist heute in der christlichen Welt sehr populär geworden. Man reißt dieses aus dem Zusammenhang und macht daraus einen Wahlslogan:

"Selig sind die Friedfertigen!"

Unter diesem Bibelwort können dann sogar Pfarrer gegen die Obrigkeit demonstrieren. Diese Art von "gläubigen Christen" kann verständlicherweise mit Röm 13 nichts anfangen. Hält man es ihnen entgegen, dann setzen sie es mit einem anderen Bibelwort außer Kraft. Dabei sind schon die ersten Verse des Kapitels in ihrer Aussage so eindeutig, daß es nicht einfach ist, sie umzudeuten.

Verse 1-2: "Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung. Die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen."

Wenn wir wissen, daß wir in der Zeit der Gesetzlosigkeit leben, wie in Mt 24, 12 geschrieben steht, dann wird uns klar, warum diese Verse heute nicht mehr zeitgemäß sind. Jesus war kein Revolutionär, der seine Jünger aufgerufen hat, auf die Barrikaden zu gehen. Nein, er war ein Verkündiger der Wahrheit und bereit, sich der gottlosen Obrigkeit unterzuordnen, ja unter ihr zu leiden und zu sterben. Er wußte, gerade diese Obrigkeit hatte ihm sein Vater zugeordnet.

Vers 10: "Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses, so ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung."

Überschauen wir noch einmal den Inhalt des l3. Kapitels, dann können wir darin wieder eine Kurzfassung des Evangeliums Gottes erkennen. Es beginnt wieder mit Gebot (Gesetz), denn es ist Gottes Dienerin, Vers 4 - Und hat den Zweck: dich mit der göttlichen Liebe "Eins" zu machen.

Damit das Wesen des Herrn Jesus Christus an und in dir offenbar werden kann. Deshalb lautet auch der Schlußvers

Vers 14: "Ziehet an den Herrn Jesus Christus."

Kapitel 14

Das Kernstück der Lehre von Kp 14 will ich durch Herausstellen der Verse 7, 17 und 18 wie folgt interpretieren. Zunächst die Lutherübersetzung:

Vers 7: "Denn unser keiner lebt sich selber und keiner stirbt sich selber."

Vers 17: "Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geiste."

Vers 18: "Wer darin Christo dient, der ist Gott gefällig und den Menschen wert."

Zu Vers 7: Gott hat dich nicht aus dem Tode zu dem ewigen Leben erlöst, damit es dir ganz persönlich und in alle Ewigkeit, nach Geist, Seele und Leib, gut geht! Und weiter:

Wenn du der Heiligung nachjagen sollst, dann fordert dies dein Herr nicht deshalb von dir, damit es dir in der Ewigkeit noch besser als gut gehen kann und soll!

Zu Vers 17: Gott hat dich nicht deshalb in sein Reich eingegliedert, damit du dort einmal herrlich und in Freuden leben sollst!

Zu Vers 18: Sondern du sollst in dem Reiche deines Gottes in der Gesinnung deines Erlösers dienen und wirken, zum Heile für die gesamte, gefallene Schöpfung.

Für viele wird diese Auslegung zunächst wieder schockierend wirken. Wer aber in dem vollkommenen Willen Gottes zuhause ist, für den ist es nichts Neues. Es ist auch ganz normal, wenn die meisten in der Gemeinde Jesus dieses Ziel der Erlösung noch nicht erkennen können. Oft wird gekontert mit den Worten wie: "Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: ich will euch erquicken," oder: Jesus will doch, daß es mir gut geht. Deshalb nahm er doch meine Last auf sich. Er hat doch für mich gelitten, auf daß ich frei bin usw.!

Natürlich ist solche Meinung und Erkenntnis für ein neugeborenes Kind Gottes, nach Röm 8, richtig und nicht zu tadeln. Und der Verständige wird sich von Herzen mit diesen Glaubensgeschwistern freuen können. Ist er in Wahrheit ein Erwachsener im Glauben und darf durchschauen in das Vollkommene, dann wird er den jungen Bruder zur gegebenen Zeit beiseite nehmen. So wie Jesus dort in Joh 21, 18 seinen Petrus beiseite nahm und ihm sagte: "Petrus, wenn du alt wirst, dann wird manches anders laufen, als du es dir in der Jugend vorgestellt hast."

Kapitel 15

Nachdem wir jetzt am Ende des Römerbriefes angelangt sind und auch nach der Lehre von Kp 13, 14 unseren Herrn Christus im Glauben mehr angezogen haben, möge die Frucht dieser Erkenntnis in unserem Leben offenbar werden.

Wie es auch der Vers 14 beschreibt:

"So daß wir voller Gültigkeit sind und erfüllt mit aller Erkenntnis, daß wir uns untereinander ermahnen können!"

Unser Denken und Wollen ist nicht mehr "Ich"-bezogen. Wir suchen jetzt, was des andern ist.

Alle Ermahnungen der letzten Kapitel fußen auf dieser Voraussetzung. Wer meint völlig in Christo Jesu zu sein, der hat diese Gesinnung. Unser Heiland hatte immer nur unser Heil im Auge! Wie ist der Sieger von Golgatha heute, nach seiner Himmelfahrt, gesinnt? Wo befindet er sich? - Wie ist wohl Paulus heute gesinnt und wo lebt er heute? Wo sind die Gefreudeten und Mitgefangenen des Paulus und die berühmten Apostel von Kapitel 16, 7?

Ja soll und darf man als Jünger Jesu überhaupt solche Fragen stellen und ihnen nachsinnen? Ich kenne eine Zeit in meinem Glaubensleben, da wurden solche Fragestellungen verpönt, und wer sie zu beantworten suchte, der sollte sich bitte vor der Phantasterei hüten. Dabei wird uns die Antwort von Jesus selbst in Luk 22, 28-30 gegeben:

"Sie werden mit Jesu im Reiche Gottes auf Stühlen sitzen und richten die Geschlechter"!

Man möge mir verzeihen, wenn ich mich nicht an den Buchstaben halte, sondern den Sinn dieser und einiger Parallelstellen wiedergebe.

Wie wirkt sich dieses "Richten" auf unserer Erde aus? Wie bei den "Geschlechtern" und wie bei dem einzelnen Individuum? -

Doch ganz im Sinne und Geiste des Christus, wie er uns im Worte Gottes so eindeutig beschrieben ist. Nach seiner Erhöhung zum König über alle Könige hat er ja die Macht! Er übt diese mit seinen Heiligen aus und bestimmt alles Geschehen auf Erden.

In Bezug auf Jesu selbst, ist dieses Wissen schon immer Glaubensgut der Gemeinde. Und wem das Geheimnis vom Leibe Christi aufgeschlossen ist, der muß auch jedes Glied an der Herrschaft des Christus teilhaben lassen.

Solch eine Erkenntnis legt ein großes Gewicht auf die Ermahnung des Paulus an die Römer und damit auch an uns:

"den Christus und seine Gesinnung anzuziehen!"

Denn dies ist Voraussetzung um der Berufung teilhaftig zu werden, um das verheißene Erbe einmal verwalten zu können.

Laut 1.Kor 3, 9 und Eph 5, 1 sind wir zu Mitarbeitern Gottes am Erlösungswerk berufen. Und der Sendungsauftrag Jesu, Licht für die Welt zu sein, endet mit unserem irdischen Tod so wenig, wie bei ihm, dem "Erstling" Christus.

Von seinem Vater hatte er den Auftrag erhalten "das Reich Gottes zu bauen". Dazu kam er in das Fleisch. Bei seiner Himmelfahrt hatte er den Grund gelegt. Das Werk wird zum ersten Mal vollendet sein, wenn der letzte Baustein am Hause Gottes eingesetzt ist und wenn das letzte Zweiglein am Ölbaume wieder eingepflanzt ist. Dann wird das große Samenkorn bereitet sein. Und mit diesem ist dann wieder der Grund gelegt, damit in einem neuen Himmel und einer neuen Erde (Offb 21 und 22) die Erlösung des Universums weiterschreiten kann!

Das also ist der Inhalt des Evangeliums Gottes, die Botschaft, die Paulus den Heiden zu verkünden hatte.

Kp 15, 16: "Daß ich soll sein ein Diener Christi unter den Heiden, priesterlich zu warten des Evangelium Gottes. Auf daß die Heiden ein Opfer werden, Gott angenehm, geheiligt durch den heiligen Geist."

 

Christof Konzelmann

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